"Get
a life!" meint eigentlich die nicht sonderlich freundliche Aufforderung,
der Angesprochene möge sich doch lieber mit seinem eigenen Leben und nicht den
Angelegenheiten anderer beschäftigen. Ich antworte derzeit nur mit "Got it".
Ein Leben, furchtbar langweilig, mit Routinen und Alltag zweier in den USA
berufstätiger Menschen.
Oder, ganz optimistisch: Endlich darf ich auch wieder das machen,
was ich studiert habe! (Auch wenn ich die Zumba-Klassen vom Vormittag ein
bisschen vermisse …) Obwohl ich nur ungefähr von kurz vor 11 bis halb eins
unterrichte, bin ich meistens doch schon zwischen neun und halb zehn in der Schule,
bereite Unterricht vor/ nach, korrigiere schnell noch etwas oder gebe Noten ins
Online-Notenbuch ein. Ja, ihr habt richtig gelesen. Da haben übrigens auch die
Eltern jederzeit Zugriff und können sehen, was ihr Sprössling so gemacht hat.
Oder eben auch nicht.
Mündliche Noten gibt es hier gar nicht.
Die Gesamtnote setzt sich bei mir zusammen aus 30% „Games“ (angekündigt und vorbereitet, entspricht in etwa Klassenarbeiten, alle
3-4 Wochen), 30% „Quizzes“ (einmal
pro Woche, Stoff der letzten Stunde(n), kann angekündigt sein, muss aber nicht)
und 40% „Daily Work“ (Hausaufgaben,
Übungen zu Hausaufgaben, kleinere Projekte) – und um ehrlich zu sein, finde
ich dieses System gar nicht so schlecht, weil man so immer etwas Konkretes hat
und sich Notendiskussionen auf diese Weise erledigen. Die einzigen Diskussionen
rankten sich bislang um die Frage „Can I
retake the test?“ Japp, die pädagogische Freiheit hätte ich. Wobei es dann
meistens darum geht, von 88% auf über 90%, am besten nah an 100% der Punkte zu
kommen. Japp, so ehrgeizig ist mein honors-Track.
Ach so – weil ich Bonuspunkte angeboten
habe, gibt es zumindest für das erste „Game“ keine Wiederholungsmöglichkeit.
Meine deutsche Paukerseele muss sich auch erst einmal an diese Freiheiten
gewöhnen … Und gleichzeitig doch irgendwie konsequent bleiben. Weil das
Schuljahr zu allem Überfluss auch noch mit jeder Menge Wiederholung anfängt –
vor allem in Klasse 8, ist es nicht ganz leicht, die Stimmung zu halten.
Allgemein hab ich das Gefühl, mit Klasse 7 besser auszukommen, was mich ein
bisschen wundert, denn normalerweise komme ich mit den jungslastigen Klassen
besser klar. In Klasse 7 sind das aber nur 4 von 15 …
Bevor
ich jetzt wieder zu textlastig werde, wechsle ich lieber das Thema!
Die Bauern haben sich schon mit einer
miesen Ernte für dieses Jahr abgefunden – da macht es fast nichts, dass der
Regen fehlt und wir einen wahren Indian Summer hier erleben. Sonnenschein und
blauer Himmel bei sich langsam verfärbenden Blättern – da muss man das
Sprichwort abändern und vom goldenen September sprechen!
Im Oktober hat Alex viele Konferenzen, so
nutzen wir jetzt die Wochenenden und das schöne Wetter aus, um die nähere
Umgebung zu erkunden. In Rochester oder bis zu etwa einer Stunde entfernt.
Anfang September hatte Assisi Heights Tag der offenen Tür –
Haus des lokalen Franziskanerinnenordens (dritter Ordnung, also überwiegend säkular).
Weil die Anlage auf einer Anhöhe liegt, kann man sie in Rochester gut weithin
sehen, aber wir konnten jetzt auch ganz nah ran.
Assisi Heights |
Außerdem haben wir unsere Räder mal stehen
lassen und sind zu Fuß eine Runde um den Silver
Lake gelaufen, der ja nun wirklich direkt vor unserer Haustür beginnt (auf
der anderen Seite des Broadway). Das Licht war zwar nicht ganz so gut, weil die
Sonne noch recht hoch stand, aber es fällt mitunter wirklich schwer zu glauben,
dass man fast mitten in der Stadt ist – so gefühlt ganz allein unter Gänsen. (Die Gänsepopulation
ist dank Herbstmigration zur Zeit noch größer als sonst.)
Und letzten Sonntag sind wir dann noch
einmal nach Osten an bzw. hoch über den Mississippi gefahren – in den Great River Bluffs State Park (müssen
unsere Jahreskarte für die State Parks schließlich ausnutzen!). Herrliche
Aussicht, vernünftige Wanderwege – oder vielleicht waren das doch nur meine
neuen Schuhe. Oder wie Alex es sagte: „Man merkt, dass du vernünftige
Wanderbotten hast, du läufst ganz anders, vor allem schneller.“
the Great River - Mississippi |
Einmündung des Black River (eigentlich ein Delta, mangels Regen ...) |
Hiking Trail zum King's Bluff |
Aussicht über den King's Bluff - Seele baumeln lassen |
*seufz* |
Zum Abschluss: Suchbild mit Grashüpfer - bestimmt 2 inch lang, das Viech! |
Zuvor waren wir am Freitag abend in der
Innenstadt von Rochester beim hiesigen Oktoberfest. 20 Dollar Eintritt bei 3 Dollar Verzehrgutschein und Livemusik, außerdem
darf man überall mal probieren. Überall = Stände von verschiedenen Brauereien,
manche groß (Schell’s), manche micro
brewery. Einige Winzer hatten sich auch dazwischen verirrt. Zum Aufsaugen
des Alkohols gab es "German food" (*hust*), z.B. pretzel
sticks (Laugenstangen) oder bratwurst with kraut and mashed potatoes …
Mitte Oktober ist das Oktoberfest dann in New Ulm, dem Ruf nach die deutscheste
aller Städte hier in Minnesota. Wir wollten da eigentlich mal hingucken, zwei
Stunden Fahrt von hier sind’s – wir sind gespannt!
Einmal
die Woche bin ich jetzt auch wieder auf der Lerner-Seite: Spanish class at
Community Ed! Sra. Hidalgo und ihre tapferen Recken … Mit mir sind nur drei aus
dem letzten Kurs zu Spanisch 2 „aufgestiegen“, der Rest ist Quereinsteiger. Ich
hoffe, es geht im Frühjahr mit Spanisch 3 weiter, wäre blöd, wenn nicht. Denn
es macht (immer noch) Spaß!