Samstag, 7. September 2013

First day(s) of school



Fast einen Monat ohne Blogeintrag, da hat wohl der Schlendrian Einzug gehalten. Oder der Heimaturlaub mit anschließendem Stellenantritt. Mittlerweile sind es zwei Wochen, die ich nun wieder unterrichte … back to business, wieder eingeschult oder einfach nur endlich wieder das, was ich gelernt habe …





Okay, wo fange ich an, wenn es darum geht, von meinen ersten Tagen Schule zu berichten ... Am besten bei Schule und Klasse(n) – im Stil eines Unterrichtentwurfs. *diabolisch grins*



Die Lerngruppen

Die Schule ist katholisch, das habe ich wohl oft genug erwähnt,  und hat ihren Namen von der gleichen Person wie auch der Papst. Sie wird von SuS vom Kindergarten (= die deutsche Vorschule) bis zur 8. Klasse besucht oder kurz K-8 – außerdem gibt es noch die preschool (= der dt. Kindergarten). Die ganz Kleinen müssen aber im Gegensatz zu K-8 keine Uniform tragen. Die Altersstufen sind ähnlich wie in Deutschland, d.h. am Ende der 8. Klasse sind alle 14 geworden.



Ich unterrichte in der junior high-Abteilung der Schule in den Klassen 7 und 8. Und da nicht alle, sondern nur auf advanced level oder honors oder AP – kurzum: die Elite. Um die lieben Gymnasialkollegen unter meinen Lesern mal richtig neidisch zu machen und das in etwa zu vergleichen: Stellt euch einen Leistungskurs vor, in dem alle leisten können und wollen. Dazu mit jeweils nur 14 bzw. 15 Schülern. Kurzum: Ein Traum der homogenen, leistungswilligen Lerngruppe! Die ideale Prüfungsklasse jedes Referendars! Naja, mit gelegentlichen pubertären Ausfallerscheinungen darf gerechnet werden – da gibt es keinen Unterschied .



Zu Didaktik und Methodik

Fangen wir mal mit schulsystembedingten Unterschieden an, die die Grundvoraussetzungen bedingen … Standardisierte Tests, meistens mit Multiple-Choice-Fragen, sind in den USA Standard (höhö) – Bildung soll so messbar, vergleichbar, kurzum evaluierbar sein. Und die katholischen Schulen schneiden hier traditionell gut ab. Was mir als sub teacher schon auffiel und jetzt noch viel mehr: Rechnen können sie alle (Und wie! Etwa so schnell wie ich!), aber Kreativität, Lösungen erklären können … Das bleibt da ein wenig auf der Strecke. Aber nicht mit mir! „I love explanations!“ sage ich gerne mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen, das insbesondere die achte Klasse mittlerweile zu fürchten gelernt hat. Und anwendungsorientiert versuche ich auch zu arbeiten, was bei purer Algebra (in Klasse 7 lineare Gleichungen und Funktionen, in Klasse 8 wird es dann quadratisch und exponentiell) nicht immer ganz leicht ist. Naja.



Es gibt Online-Zugriff auf die Schulbücher (was echte Klopper sind), so dass die nicht mit nach Hause geschleppt werden müssen. Und mittels Smartboard im Klassenraum kann ich die Buchseite auch gleich für alle lesbar an die Wand projizieren. Notenverwaltung – auch alles online (mit Zugriff für die Eltern!). Und ich hab die Einführungswoche verpasst und muggel mich gerade selbst durch die Programme – am Schuljahresanfang haben auch die sonst sehr hilfsbereiten Kollegen ihren eigenen Kram zu erledigen …



Das erste Kapitel im Buch ist jetzt gerade übrigens nur Review … Da sich das nicht unbedingt aus dem Curriculum erschließen ließ, hänge ich gerade noch ein bisschen in der Luft, wenn Sachen nicht so neu sind, wie ich dachte, sondern doch nur Wiederholung sind – ups!



Das ganze administrative Zeug ist eine Sache, weshalb mir diese Teilzeitstelle (30%) erst einmal vollkommen ausreicht – da muss ich zurzeit nämlich auch noch jede Menge nachholen. Zum anderen finde ich die Tätigkeit auch deshalb voll erschöpfend, weil mein Hirn in den zwei Unterrichtsstunden pro Tag (immer gleich von 10:55 bis 12:30, zuerst die 7., dann die 8.) auf 110% läuft: neue Mathevokabeln, Dinge auf Englisch erklären, Aufgabenstellungen sicherheitshalber doppelt und dreifach lesen, Schülerfragen verstehen … *hechel* Ich bin danach echt alle! Aber würde ich mir den Job nicht zutrauen, hätte ich mich nicht beworben und würde mir nicht zugetraut werden, dass ich den Unterricht auf Englisch packe, hätte ich den Job nicht bekommen (ich weiß, dass es andere Bewerber gab). Naja, ich bin noch nicht wieder bei 100% meiner selbst als Lehrerin, aber auf dem Weg dahin: steep learning curve und so …



Das Drumherum

Ich hatte ja schon erwähnt, dass der Dresscode hier etwas strenger ausfällt. Für den deutschen Junglehrerdress aus Bluse/Hemd und Jeans habe ich letzten Freitag als non  uniform day abwarten müssen. Stoffhose oder Rock ist Pflicht, um als professionell gekleidet durchzugehen. Aber das macht mir eigentlich nichts.

Meinen Klassenraum im Keller/Souterrain des junior high-Traktes teile ich mir mit der Spanischlehrerin, die nachmittags dort unterrichtet. Und während meine Klassen ja recht klein sind, stehen doppelt so viele Tische im Raum, denn in Spanisch sitzen mehr als 25 Schüler drin. Naja, das erleichtert es mir, in deren quatschigen Momenten den Plappermäulern für den Rest der Stunde einen anderen Sitzplatz anzubieten … Bislang reichte das Angebot aus, um Weiterquatschen zu unterbinden. Da sind die Schüler echt auf Zack – jahreslanges Training macht es möglich, dass die Klassendisziplin deutlich höher ist als bei manchem Chaoshaufen, den ich zuvor in Deutschland unterrichtete …

Die Kollegen sind auch sehr nett, am engsten arbeite ich mit den „Klassenlehrern“ der je zwei 7. und 8. Klassen zusammen. In zehn Tagen fährt die junior high komplett nach Eagle Bluff, etwa eine Stunde südlich von Rochester zum Erlebnispädagogikpaket mit zwei Übernachtungen.



Als letztes Stichwort: Lehrerlizenz. Ich bin jetzt erst einmal auf Grundlage meiner deutschen Ausbildung eingestellt worden, soll mich aber auch um die Lizenz in Minnesota kümmern – die Auflagen dazu sind deutlich strenger als z.B. in Texas. Nächste Woche melde ich mich einmal beim Board of Education und schaue, ob ich um die professionelle Evaluation herumkomme, oder ob sie nötig sein wird. Die Liste aller Kurse, die zum Ablegen des Staatsexamens nötig waren, habe ich in Halle netterweise unterschrieben und gestempelt bekommen (zusammengestellt hab ich die zweisprachig gleich selbst) – mit dem Staatsexamen kriegt man das ja nicht. Es wird aber definitiv noch ein Haufen Papierkram fällig werden … *seufz* Und die Verlängerung meiner Arbeitserlaubnis werde ich auch bald noch beantragen müssen. Kostet alles Zeit und Geld – ist wie das Visum. *seufz*





Sorry für die Theorielastigkeit dieses Postings. Wer mehr wissen möchte, was meinen Schulalltag betrifft, darf gerne nachfragen oder kommentieren – für mich ist inzwischen sonnenklar, was Außenstehenden vielleicht nicht verständlich ist …

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