Fast
einen Monat ohne Blogeintrag, da hat wohl der Schlendrian Einzug gehalten. Oder
der Heimaturlaub mit anschließendem Stellenantritt. Mittlerweile sind es zwei
Wochen, die ich nun wieder unterrichte … back to business, wieder eingeschult
oder einfach nur endlich wieder das, was ich gelernt habe …
Okay, wo fange ich an, wenn es darum
geht, von meinen ersten Tagen Schule zu berichten ... Am besten bei Schule und
Klasse(n) – im Stil eines Unterrichtentwurfs. *diabolisch grins*
Die
Lerngruppen
Die Schule ist katholisch, das habe ich
wohl oft genug erwähnt, und hat ihren
Namen von der gleichen Person wie auch der Papst. Sie wird von SuS vom
Kindergarten (= die deutsche Vorschule)
bis zur 8. Klasse besucht oder kurz K-8 – außerdem gibt es noch die preschool
(= der dt. Kindergarten). Die ganz Kleinen müssen aber im Gegensatz zu K-8
keine Uniform tragen. Die Altersstufen sind ähnlich wie in Deutschland, d.h. am
Ende der 8. Klasse sind alle 14 geworden.
Ich unterrichte in der junior high-Abteilung der Schule in den
Klassen 7 und 8. Und da nicht alle, sondern nur auf advanced level oder honors
oder AP – kurzum: die Elite. Um die
lieben Gymnasialkollegen unter meinen Lesern mal richtig neidisch zu machen und
das in etwa zu vergleichen: Stellt euch einen Leistungskurs vor, in dem alle
leisten können und wollen. Dazu mit jeweils nur 14 bzw. 15 Schülern. Kurzum: Ein
Traum der homogenen, leistungswilligen Lerngruppe! Die ideale Prüfungsklasse
jedes Referendars! Naja, mit gelegentlichen pubertären Ausfallerscheinungen
darf gerechnet werden – da gibt es keinen Unterschied .
Zu
Didaktik und Methodik
Fangen wir mal mit schulsystembedingten
Unterschieden an, die die Grundvoraussetzungen bedingen … Standardisierte
Tests, meistens mit Multiple-Choice-Fragen, sind in den USA Standard (höhö) –
Bildung soll so messbar, vergleichbar, kurzum evaluierbar sein. Und die
katholischen Schulen schneiden hier traditionell gut ab. Was mir als sub
teacher schon auffiel und jetzt noch viel mehr: Rechnen können sie alle (Und
wie! Etwa so schnell wie ich!), aber Kreativität, Lösungen erklären können …
Das bleibt da ein wenig auf der Strecke. Aber nicht mit mir! „I love
explanations!“ sage ich gerne mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen, das
insbesondere die achte Klasse mittlerweile zu fürchten gelernt hat. Und
anwendungsorientiert versuche ich auch zu arbeiten, was bei purer Algebra (in
Klasse 7 lineare Gleichungen und Funktionen, in Klasse 8 wird es dann quadratisch
und exponentiell) nicht immer ganz leicht ist. Naja.
Es gibt Online-Zugriff auf die Schulbücher
(was echte Klopper sind), so dass die nicht mit nach Hause geschleppt werden
müssen. Und mittels Smartboard im Klassenraum kann ich die Buchseite auch
gleich für alle lesbar an die Wand projizieren. Notenverwaltung – auch alles
online (mit Zugriff für die Eltern!). Und ich hab die Einführungswoche verpasst
und muggel mich gerade selbst durch die Programme – am Schuljahresanfang haben
auch die sonst sehr hilfsbereiten Kollegen ihren eigenen Kram zu erledigen …
Das erste Kapitel im Buch ist jetzt
gerade übrigens nur Review … Da sich das nicht unbedingt aus dem Curriculum
erschließen ließ, hänge ich gerade noch ein bisschen in der Luft, wenn Sachen
nicht so neu sind, wie ich dachte, sondern doch nur Wiederholung sind – ups!
Das ganze administrative Zeug ist eine
Sache, weshalb mir diese Teilzeitstelle (30%) erst einmal vollkommen ausreicht –
da muss ich zurzeit nämlich auch noch jede Menge nachholen. Zum anderen finde
ich die Tätigkeit auch deshalb voll erschöpfend, weil mein Hirn in den zwei
Unterrichtsstunden pro Tag (immer gleich von 10:55 bis 12:30, zuerst die 7.,
dann die 8.) auf 110% läuft: neue Mathevokabeln, Dinge auf Englisch erklären,
Aufgabenstellungen sicherheitshalber doppelt und dreifach lesen, Schülerfragen
verstehen … *hechel* Ich bin danach echt alle! Aber würde ich mir den Job nicht
zutrauen, hätte ich mich nicht beworben und würde mir nicht zugetraut werden,
dass ich den Unterricht auf Englisch packe, hätte ich den Job nicht bekommen (ich
weiß, dass es andere Bewerber gab). Naja, ich bin noch nicht wieder bei 100%
meiner selbst als Lehrerin, aber auf dem Weg dahin: steep learning curve und so …
Das
Drumherum
Ich hatte ja schon erwähnt, dass der
Dresscode hier etwas strenger ausfällt. Für den deutschen Junglehrerdress aus
Bluse/Hemd und Jeans habe ich letzten Freitag als non uniform day abwarten müssen. Stoffhose oder Rock
ist Pflicht, um als professionell gekleidet durchzugehen. Aber das macht mir
eigentlich nichts.
Meinen Klassenraum im Keller/Souterrain
des junior high-Traktes teile ich mir mit der Spanischlehrerin, die nachmittags
dort unterrichtet. Und während meine Klassen ja recht klein sind, stehen
doppelt so viele Tische im Raum, denn in Spanisch sitzen mehr als 25 Schüler
drin. Naja, das erleichtert es mir, in deren quatschigen Momenten den
Plappermäulern für den Rest der Stunde einen anderen Sitzplatz anzubieten …
Bislang reichte das Angebot aus, um Weiterquatschen zu unterbinden. Da sind die
Schüler echt auf Zack – jahreslanges Training macht es möglich, dass die
Klassendisziplin deutlich höher ist als bei manchem Chaoshaufen, den ich zuvor in
Deutschland unterrichtete …
Die Kollegen sind auch sehr nett, am
engsten arbeite ich mit den „Klassenlehrern“ der je zwei 7. und 8. Klassen
zusammen. In zehn Tagen fährt die junior high komplett nach Eagle Bluff, etwa
eine Stunde südlich von Rochester zum Erlebnispädagogikpaket mit zwei
Übernachtungen.
Als letztes Stichwort: Lehrerlizenz. Ich bin jetzt erst einmal
auf Grundlage meiner deutschen Ausbildung eingestellt worden, soll mich aber
auch um die Lizenz in Minnesota kümmern – die Auflagen dazu sind deutlich
strenger als z.B. in Texas. Nächste Woche melde ich mich einmal beim Board of
Education und schaue, ob ich um die professionelle Evaluation herumkomme, oder
ob sie nötig sein wird. Die Liste aller Kurse, die zum Ablegen des
Staatsexamens nötig waren, habe ich in Halle netterweise unterschrieben und
gestempelt bekommen (zusammengestellt hab ich die zweisprachig gleich selbst) –
mit dem Staatsexamen kriegt man das ja nicht. Es wird aber definitiv noch ein
Haufen Papierkram fällig werden … *seufz* Und die Verlängerung meiner
Arbeitserlaubnis werde ich auch bald noch beantragen müssen. Kostet alles Zeit
und Geld – ist wie das Visum. *seufz*
Sorry
für die Theorielastigkeit dieses Postings. Wer mehr wissen möchte, was meinen
Schulalltag betrifft, darf gerne nachfragen oder kommentieren – für mich ist inzwischen
sonnenklar, was Außenstehenden vielleicht nicht verständlich ist …
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