Mittwoch, 29. August 2012

Daily cultural clashes


Der alltägliche Kulturschock ist meistens durch das Motto „Everything is bigger in Texas“ bedingt. Noch fehlt mir der Vergleich, um bei manchen Dingen urteilen zu können, ob es "nur" texanische oder allgemein US-Besonderheiten sind.

Ganz offensichtlich fängt es bei den Autos an. Besonders schön ist das in der Pick-up-time zu beobachten, wenn die Kinder der Presbytarian School nebenan abgeholt werden. Die ganze Straße entlang in beide Richtungen reiht sich SUV an SUV und unser Parkplatz vorm Haus (unser Vermieter ist die First Presbyrian Church) ist so zugeparkt, wie man sonst nur vom Sonntag vormittag zur besten Gottesdienstzeit kennt. Wir haben nur einmal den Fehler gemacht, genau vor dieser Zeit einkaufen zu fahren – unser Parkplatz war natürlich weg. Und während hier schon ein typischer gelber Schulbus um die Ecke bog, habe ich keine Fahrradständer an der Schule gesehen ... Wobei ich dann wahrscheinlich auch erst einmal duschen müsste, ehe ich unterrichtsbereit wäre!

Mit unserer kleinen Limousine fühlt man sich ohnehin immer ganz klein zwischen all diesen Familienkutschen. Ich musste auch ein klein bisschen weinen, als ich einmal vor einem Ford F250 V8 stand, dessen Motorhaube mir ungelogen bis zum Kinn ging! Fußgänger, die hier angefahren werden, fliegen nicht über die Windschutzscheibe, sondern werden plattgewalzt. Mit etwas Glück fallen sie so, dass kein Reifen über sie fährt, der Radstand ist ja auch hoch genug.

Sein Auto in einer Werkstatt generalüberholen zu lassen, so wie Alex es während seiner drei Wochen in Deutschland getan hat, ist hier ebenfalls wenig verbreitet. Stattdessen verkauft man und kauft dann neu. Gleiches gilt auch, wenn die Klimaanlage des Autos kaputt ist. Mittlerweile weiß ich auch, wieso - und möchte nicht mehr ohne unsere sein. Größte kosmetische Auffälligkeiten an Autos sind hier neben nicht reparierter Unfallschäden auch Blasenbildung im Lack, vor allem auf Autodächern. Die dauerhafte direkte Sonneneinstrahlung macht es möglich.


Dann die Lebensmittel. Der kleine Kaffee, den wir hier morgens regelmäßig bei Starbucks im Medical Center ordern, wäre – wen wundert es – in Deutschland ein großer. 12 oz sind etwas mehr als 350 ml. Dementsprechend lange hält das Koffein dann auch vor. Mittags dann ähnlich. Der kleinste Becher Getränk zum Lunch fasst 16 oz (mittel 20 oz, groß 24 oz) – fast ein halber Liter! Dazu gibt es dann noch überall den Refill (einmal auffüllen) gratis. Ich habe also absolut keine Schwierigkeiten, mein tägliches Soll an Trinkmenge zu erfüllen, wenn schon im Rahmen des Mittagessens 950 ml weg sind. Aber ich vermisse schon jetzt Apfelschorle oder Mineralwasser mit Kohlensäure sooo sehr! Die Variationen an Softdrinks sind schier unendlich, doch so schrecklich süß, dass ich meistens zu Diet Coke greife. Zuckerwasser pur, ob als Eistee oder Soda oder weiß-ich-nicht-schmeckt-schrecklich-künstlich, muss ich nicht trinken.

Im Supermarkt kaufen wir Milch oder Orangensaft auch meistens in der kleinsten Größe, das heißt, eine halbe Gallone, umgerechnet knapp 2 Liter. Warum aber gerade der Minute Maid O-Saft trotzdem immer so schnell wieder leer ist …

Montag, 27. August 2012

paperwork, pt 2 – Alex‘ Passierschein, mein Führerschein


Nachdem wir am vergangenen Samstag zweimal unverrichteter Dinge wieder aus der Bank gingen, konnte ich einen Spruch der Art „zwei Personen, zwei Meinungen“ nicht unterdrücken. Ich weiß nicht, ob ich eher verärgert oder verwundert war. Eine Stromrechnung auf meinen Namen und die Adresse oder mein Name auf dem Mietvertrag sollte mehr Glaubwürdigkeit besitzen als eine Heiratsurkunde, ein gemeinsamer Nachname und zwei gültige Visa? Doch Alex konnte nur darüber lachen: „Was meinst du, wie es mir ging, als ich im Februar hierher kam?“

Stimmt, damals musste er deutlich mehr Ausdauer beweisen. Schon die Wohnung hat er nur durch tatkräftige Unterstützung seines Chefs überhaupt mieten können. Eingezogen ist er ohne Strom- oder Gasanschluss (und damit ohne heißes Wasser) – und beides brauchte auch noch eine Weile. Online beantragen ist auch nur möglich, wenn man einen US-Führerschein UND eine Sozialversicherungsnummer (kurz: SSN) hat. Die SSN kann man aber erst dann beantragen, wenn man mindestens zehn Tage in den Staaten war. Immerhin war es dann dank Telefonat und saftiger Kaution kein Problem mehr, Strom anzumelden und zu bekommen. So musste Alex nicht mehr im Dunkeln vor seinem auf Akku laufenden PC sitzen mit einem leeren Kühlschrank hinter sich und unrasiert bleiben ... Glücklicherweise ist auch das „kalte“ Leitungswasser dank hoher Umgebungstemperatur piewarm und er konnte sich mit etwas Überredungskraft auch hier duschen. Auch wenn Familie Auton ihm sehr entgegenkam. Und Gas gab es dann mit SSN (und Kaution) auf deutschem Ausweis wenige Tage später auch. Doch da wir beschlossen haben, so schnell hier nicht zu kochen, brauchen wir Warmwasser auch nur für leidlich heiße Duschen.

Der letzte formale Akt für Alex allein war dann der Autokauf im April. Nach langer und gründlicher Internetrecherche sollte es ein Kia Optima, Baujahr 2004 werden. 80000 Meilen, goldfarben, helle Innenausstattung, in Deutschland ein Klassiker in der Kategorie Rentnerfahrzeug, weil auch äußerlich sehr gut gepflegt. Und dafür ein echtes Schnäppchen, weniger als 5000$! Warum: manuelle Schaltung, kaum jemand in den Staaten fährt damit freiwillig. Ein eingebauter Diebstahlschutz also noch gratis obendrauf. Texas tauscht auch – hier war ausnahmsweise sehr wenig Papierkram notwendig – den deutschen Führerschein ein, so dass keinerlei extra Prüfungen anfielen. Den deutschen kann Alex dann bei längerem Aufenthalt in der Heimat wieder beantragen. Was hier so schön problemlos war, zahlte sich bei der Versicherung aber nicht aus. Die mehr als zehn Jahre Führerschein und Fahrpraxis in Deutschland wurden hier leider nicht anerkannt, sodass er hier als Fahranfänger eingestuft wurde. Entsprechend hoch ist auch die Prämie …

Für mich hatten wir beschlossen, wäre es praktischer, den deutschen Führerschein zu behalten – und sei es auch nur, um ggf. in Europa günstiger ein Auto mieten zu können. Sofern ich abstreite, einen Führerschein zu haben, wäre das auch kein Problem – ich muss nur wie ein Fahranfänger Sehtest, theoretische und praktische Prüfung machen. Nachweis über Fahrstunden? Nöö, ich muss nur nachweisen, dass ich mein eigenes Fahrzeug, mit dem ich auch zur Prüfung antrete, beherrsche. Wie auch immer ich das gelernt habe (als US-Teenie gibt es Fahrstunden z.B. über die High School oder als „parental teaching“ von den Eltern), ist egal. Mit Blick auf Minnesota habe ich mal auf die dortigen Regeln geschielt. Dort ist man nämlich etwas strenger: selbst die Texaner, die schon seit Jahrzehnten hier Auto fahren, müssen für die Überschreibung durch eine theoretische Prüfung. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, wie groß die Freude bei Familie Auton war: „Oh my gosh, my written test was more than 25 years ago!“ Und von einer Überschreibung des deutschen Führerscheins natürlich erst recht keine Spur. Ich werde dort dann Fahranfänger sein, mit 30, eine dreimonatige „learner’s permit“  zwischen schriftlicher und praktischer Prüfung inklusive. Um das Chaos zu vervollständigen: „Gästeweise“ darf ich natürlich in allen Staaten mit dem deutschen Führerschein fahren. Nur sind wir nach der Abmeldung in Deutschland „non-permanent residents“ und keine Gäste mehr. Und: Trotz sündhaft teurer Versicherung würde die im Schadensfall (mit mir hinterm Steuer) nicht zahlen.
Ich glaube, für den kommenden Road Trip nach Minnesota werden wir das Risiko dennoch eingehen.

Mittwoch, 22. August 2012

paperwork, part 1


Ich darf zu Beginn diese Geschichte vom Passierschein A38 als bekannt voraussetzen? 


Nachdem wir am Samstag ausgeschlafen hatten (so gegen 8 Uhr Ortszeit), machten wir als erstes einmal eine Liste, was für mich noch zu erledigen wäre. 

  1.  Zugriff auf Alex‘ Konto, d.h. Ausstellung einer zweiten Karte, damit er mir nicht wöchentlich mein Taschengeld auszahlen muss.
  2. Mein eigenes Paar Schlüssel für die Wohnung. 
  3. Krankenversicherung auf mich erweitern 
  4.  Vervollständigung meines Antrags auf Arbeitserlaubnis 
  5.  Führerschein und Autoversicherung

Vorgeplänkel: Für einen höchstens dreimonatigen Besuch in den Staaten muss man ESTA beantragen (gehört zur US-Paranoia nach dem 11.9.01), da wir aber länger hier sind, reisen wir mit jeweils mit einem „heiligen“ Visum im Reisepass. J1 für Alex, denn er bekommt das Geld, J2 für mich – Beruf: Ehefrau. (Das musste ich bei der Grenzkontrolle angeben …) Zu jedem Visum gehört ein ebenso „heiliges“ Formular, DS-2019, das man bei jeder Reise wieder vorzeigen muss. Die Grenzbeamten lesen dies dann sorgfältig durch und entscheiden dann über die Einreise. Sind sie so gelangweilt wie der am Freitag, starren sie es aber auch nur eine gewisse Zeit lang angestrengt an und setzen dann Stempel.

Wie auch immer, gleich am Samstag sind wir zur Bank gefahren (die hat tatsächlich auch samstags bis 15 Uhr geöffnet). Doch unsere Reisepässe und das DS-2019 reichten nicht. „I need a bill or an official letter to prove your identity.“ Überprüft werden sollte damit wohl eher die Anschrift. Als wir mit dem einzigen offiziellen Brief an mich wieder bei der Bank waren, hieß es dann von einem anderen Berater: „Sie müssen mit auf dem Mietvertrag stehen.“ Wir haben nachgeschaut – ich stehe nur auf dem Antrag, nicht aber auf dem Vertrag. Also kein Zugriff aufs Konto. Immerhin bekomme ich von Alex ein großzügiges Taschengeld, über das ich auch keine Rechenschaft ablegen muss. Passt zum Beruf: Ehefrau.

Aber für Punkt 2 mussten wir uns ja ohnehin beim Vermieter bzw. der Verwaltung melden. Alex hatte zwar im Vorfeld schon einmal per Mail angefragt, aber keine Antwort erhalten. Dieses Mal kam die Antwort recht schnell: Alles sei in Arbeit. Wir bekommen noch einen Satz Schlüssel, ich komme mit auf den Mietvertrag und nun ja, wenn wir den Mietvertrag wirklich vorzeitig beenden wollen, dann müssten wir die Ablöse zahlen, wie sie im Vertrag stünde. (Ich habe nachgeschaut, schlimmstenfalls 100% aller Monatsmieten, im günstigen Fall 50% einer Monatsmiete …).

Die Krankenversicherung (dank direkter Anbindung an ein medizinisches Institut auch recht günstig) war dann recht einfach. Formular 1 („new hire“) und Kopie der internationalen Heiratsurkunde im Anhang einer Mail hingeschickt, Antwort bekommen, doch bitte noch Formular 2 („change of medical plan“) auszufüllen und zurückzusenden und nach umfangreichem Studium des Anhangs dazu den Vordruck des Formulars in geschätzter Schriftgröße 4 ebenso fein säuberlich ausgefüllt und zurückgeschickt.

Mit der Beantragung meiner Arbeitserlaubnis (Punkt 4) habe ich ja schon im Mai begonnen und die geforderten Unterlagen als e-file gesandt. Umgerechnet 300€ kostet der Spaß übrigens, nur um sicher zu gehen, dass eine J2-Ehefrau nicht arbeiten geht, um den Lebensunterhalt zu sichern, sondern aus Spaß, Selbstverwirklichung und um auf Reisen gehen zu können. So oder so ähnlich musste ich es in einem Brief formulieren.
Ich hatte sogar schon einen Termin zum „biometrics appointment“, wo zum gefühlt dreißigsten Mal Fingerabdrücke genommen und Fotos gemacht worden wären – nur lag der mitten im Juni und konnte daher von mir nicht wahrgenommen werden. (Wer rechnet denn auch damit, davon wird online nichts erwähnt, erst im Kontrollausdruck.) Wie auch immer, hier kam nach meiner Bitte um einen neuen Termin nach dem 20. August deren Bitte, nun doch bitte den ganzen Papierkram einzusenden, um den ich beim e-filing zunächst herumgekommen bin. Drei Seiten des DS-2019 (meins hat nur zwei, also habe ich einfach eine Kopie von Alex‘ Formular mit eingesendet) und diverse Kopien von Pass und Visum sowie zwei identische Passfotos passten gerade in einen dicken Umschlag, der nun im Norden von Texas (Mesquite bei Dallas) hoffentlich bald bearbeitet wird.

Das Märchen von Führerschein und Sozialversicherungsnummer erzähle ich euch ein andermal. Wem das hier schon zu viel war: Damit beginnt die Geschichte vom Passierschein A38 erst!

Montag, 20. August 2012

We arrived

Montag: Der erste Tag in Houston hat begonnen, um genau zu sein, der erste Arbeitstag für Alex. Schon allein die zentrale A/C hier wäre Grund genug für mich gewesen ihn hierher zu begleiten, aber es wartet gleich auch noch ein wenig Papierkram auf mich.

Gelandet sind wir am Freitag nachmittag Ortszeit. Die Grenzkontrolle haben wir (wenn ich das mit Mai vergleiche) recht schnell nach nur einer Stunde Wartezeit passiert, obwohl wir noch ein oder zwei Personen vorgelassen haben, die Anschlussflüge erreichen mussten. Auch die Zollkontrolle hat uns trotz vier Koffern und nur angegebenen vier Tafeln Lindt-Schokolade gleich passieren lassen (die mitgebrachte Mama-Marmelade hatten wir "vergessen" anzugeben). Nach einem dringend erforderlichen Kaffee (Starbucks - yeah!) holte Matt uns ab. Alex konnte glücklicherweise auch danach  gleich noch das Auto aus der Werkstatt holen, so dass wir sofort wieder mobil waren. Ansonsten war an diesem für uns sehr langen Tag nicht mehr viel mit uns los. Die Koffer haben wir noch ausgepackt und festgestellt, dass erfreulicherweise alle Glasdinge den Transport überlebt haben. Schlafen gehen konnten wir allerdings erst, nachdem unsere window unit die Räume halbwegs abgekühlt hatte.

Samstag und Sonntag haben wir dann noch ein wenig im Dämmerzustand und größtenteils auf der Couch verbracht. Wobei, das stimmt nicht. Am Samstag war ich in der Deutschen Samstagsschule und habe meine zukünftigen Kolleginnen kennengelernt und jede Menge Informationen bekommen. Am kommenden Samstag werde ich erstmals meine voraussichtlich zehnköpfige Bande unterrichten und bin schon sehr gespannt darauf. Zumindest das Kollegium ist sehr nett und ich fühle mich dort gut aufgehoben, auch wenn „Deutsch als Fremdsprache“ etwas ganz Neues für mich ist. Am Samstagvormittag ist die Kirche, deren Räume die Schule nutzen darf, eine deutsche Insel, alle dort sprechen deutsch mit mehr oder weniger großem Akzent. Und: Ein deutscher Bäcker verkauft Vollkornbrot! Das Angebot werden wir sicherlich nutzen. Außerdem waren wir am Wochenende noch im Walmart um einen Drucker/Scanner/Kopierer zu kaufen und unsere Vorräte aufzustocken.

Da ich vor unserem Umzug nach Norden (anvisiert ist Oktober) wahrscheinlich nicht mehr kochen werde, höchstens mit und bei Steph (unsere Bude ist schlichtweg zu heiß!), haben wir stattdessen ein paar essbare Mikrowellengerichte ausprobiert. Laut Aufdruck „healthy“ und damit keine Kalorienbomben – aber dann natürlich auch gleich doppelt so teuer wie eine Familienpackung Maccaroni & Cheese. Aber es hat geschmeckt.

Unter der Woche gibt es dann noch mehr texanische Besonderheiten. Jetzt muss ich erst einmal in den Alltag finden. Bald ist hier auch schon lunchtime. Zur Orientierung: Wir sind sieben Stunden zurück. Abendessen in Deutschland = Mittagszeit in Houston.