Endlich!
Da komme ich danke eines weiteren Tages „kältefrei“ mal dazu, den schon seit
Ewigkeiten angedachten Eintrag zum Unterricht hier in den Staaten zu schreiben.
Untertitel: Hello, teaching routine!
Für Teil
1 (ich will die Nicht-Lehrer unter den Lesern ja nicht zu Tode langweilen)
fangen wir mal mit den LernLehrvoraussetzungen an: Schulsystem, Schuljahr, Schul(gebäude).
Schule ... ein Flachbau mit Verbindung ... |
... zur gleichnamigen Kirche. |
Schulsystem
– Öffentliche vs. Private Schule:
Ich arbeite – ohne selbst katholisch zu sein – innerhalb des katholischen
Schulsystems der Stadt (siehe oben) und unterrichte in Teilzeit Mathe (algebra) auf erhöhtem Niveau (honors)
in Klasse 7 und 8.
Wie die öffentlichen Schulen arbeiten
auch die privaten nach dem Prinzip der Inklusion
(ist in Deutschland gerade die Sau, die durch das
schulpädagogische Dorf getrieben wird). Bei uns hält es sich mit der
Heterogenität aber in Grenzen, denn viele Eltern sparen sich das Geld für die
Privatschule (min. $500/Monat), wenn die öffentlichen Schulen zu bestmöglichen
Förderung ohne Zusatzkosten gesetzlich verpflichtet sind. Aber auch an den
Privatschulen gibt es in der Klasse dann paraprofessionals
(Integrationshelfer) oder reading bzw. math
specialists, die sich dann außerhalb
des Klassenzimmers um die Kinder kümmern, die Unterstützung brauchen. Manches
davon findet auch in Kooperation mit der nächst gelegenen öffentlichen
Grundschule (bis Klasse 6) statt, ein Shuttle fährt die Strecke. Für die junior high (Klasse 7/8) gibt es den counselor – eine Art Schulpsychologin. Die
ist zwar auch nicht jeden Tag präsent, aber eine große Hilfe.
Meine math honors Klassen sind recht
homogen. Da gab es bislang keine größere Auffälligkeiten – zumindest nichts,
was man nicht mit „Pubertät“ erklären könnt. Ich habe nur das Gefühl, dass
verglichen mit Deutschland Erdnussallergien gehäuft vorkommen.
Nachdem ich den achten Jahrgang einmal zu
einer Berufsmesse begleitet habe, weiß ich eine weitere Sache sehr zu schätzen:
Unseren dress code! Für die Schüler bedeutet dies die morgendliche
Wahl zwischen Hosen, Shorts, Poloshirts und Pullis in den Farben weiß, rot oder
dunkelblau, die Mädels könnten alternativ einen karierten Rock wählen. Nur
einmal im Monat ist non uniform day –
aber die Kleiderwahl sollte dennoch „angemessen“ sein. Nichts da mit tiefem Ausschnitt
oder Minirock für die Mädels. Schweres Make-Up ist den Schülern ebenfalls nicht
erlaubt und Haarfarben haben in einem „natürlichen Spektrum“ zu bleiben.
Ähnliches gilt übrigens auch für uns Lehrer. Die größte Umstellung für mich:
Keine Jeans! – es sei denn, es ist non uniform day. Ich hab zum
Schuljahresanfang die Menge meiner Stoffhosen erst einmal aufgestockt, zusammen
mit Bluse/Top und Cardigan wird daraus ein Arbeitsoutfit. Denn es besteht kein Rockzwang (mehr). Vor einigen
Jahrzehnten waren aber tatsächlich noch die Ordenstrachtträgerinnen im
Kollegium in der Überzahl …
Nächstes Stichwort: Das Schuljahr. Fassen wir es doch in einem
Bild zusammen (Q: zazzle.de):
Ja, die Sommerferien sind wirklich so
lang! Als Faustregel kann man sagen, dass das Schuljahr von Labor Day bis Memorial Day geht – das sind der erste
Montag im September und der letzte Montag im Mai. Minnesota hängt ein bisschen
mehr dran, wir als katholische Schule noch ein bisschen mehr. Das Schuljahr
2013/14 begann am 27. August und wird voraussichtlich am 5. Juni enden – wenn wir
nicht noch mehr schneefrei bekommen und daher Tage ranhängen müssen, um auf
(Richtwert!) 170 Unterrichtstage zu kommen.
Aber – jetzt kommt das große Aber! – zur
Kompensation gibt es kaum längere Ferien
zwischendurch! Eine Woche zu Weihnachten, eine Woche im Frühjahr (spring break) und das war es. Es kommen
noch einige lange Wochenenden hinzu, da nahezu alle öffentlichen Feiertage an
einem Montag sind oder eben schnee- bzw. kältefrei. Aber sonst … dieser Button
ist passender als das T-Shirt, wenn auch nicht minder selbstironisch.
Was dort jedoch noch fehlt, ist der Luxus
von teacher workdays! Für die
Schüler ist schulfrei, die Lehrer haben so die Gelegenheit administrative
Tätigkeiten zu erledigen. Korrekturen, Noten oder was sonst so anfällt. Wenn
nichts anliegt, wird ausgeschlafen, dann hat man die Arbeit schon vorher
erledigt. Diese Tage liegen immer am Ende eines Quartals – denn es werden
viermal im Jahr Zeugnisse ausgestellt. Entsprechend viel „Korrekturpanik“
herrscht kurz vorher auch immer im Kollegium ... Warum sollte das auf
verschiedenen Seiten des Atlantiks auch anders sein!
Zeit, um endlich mal anschaulich zu
werden: Mein Klassenraum! Gut, ich
teile ihn mir mit meiner Spanisch-Kollegin, die hier an vier Nachmittagen
Klasse 7 und 8 unterrichtet. Und ich bin ein Kellerkind, aber sonst … die Schüler kommen zu mir. Dafür haben sie zwei
Minuten Zeit, so lange dauert die Pause zwischen den Stunden. 15 Schüler in der
Siebten, 13 in der Achten. Mädelüberschuss (11:4) in der Siebten,
Jungsüberschuss (9:4) in der Achten.
Das Foto hab ich in der Adventszeit gemacht - so lang will ich dieses Posting schon veröffentlichen. |
Wie auf dem Bild zu sehen, habe ich in meinem Klassenzimmer einen
Schreibtisch (von dem aus habe ich fotografiert), PC-Anschluss mit Smartboard und eine Whiteboard-Tafel. Keine Kreide mehr – ich vermisse sie
nicht. Nachdem mein Start ins Schuljahr etwas abrupt war (ich habe die Stelle drei Wochen vor Schuljahresbeginn bekommen, davon
war ich zwei Wochen in Deutschland), habe ich im Laufe des Schuljahres
angefangen, die Raumgestaltung zu übernehmen – denn das ist allein die
Verantwortung des Lehrers. Nun hängen also ein paar Matheposter an der Wand
unter den Fenstern, inzwischen daneben auch Schülerergebnisse („scale drawing of my bedroom“) aus dem
Themenbereich Proportionen. Und natürlich hängt ein Kruzifix an der Wand, es ist schließlich eine katholische Schule ... Ich sehe es kaum.
Natürlich haben die Schüler auch noch
ihre Schulbücher – aber dennoch hat sich mit dem ständig präsenten Smartboard
auch mein Unterricht verändert. Viele Ressourcen (unter anderem auch das Schulbuch) sind online bzw. digital zugänglich
und ab Klasse 9 an der high school wird der Unterricht noch weiter
digitalisiert und größtenteils über moodle organisiert. Somit bin ich also
wieder erneut Junglehrerin auf der Suche nach ihrer Unterrichtsroutine …
gewesen.
Aber
davon mehr im nächsten Posting in dieser Kategorie …
Was für ein Cliffhanger ... *grins*