Montag, 30. Juni 2014

The little things ...



Wir bereiten uns gerade mental auf zwei bzw. vier Wochen in Deutschland vor. Yeah! Und danach kommen mit meiner Mama und einem unserer Trauzeugen die ersten Gäste nach Minnesota. Doppel Yeah! Zu diesem Anlass habe ich mir mal Gedanken gemacht über die kleinen Unterschiede, die wir nach 2+ Jahren hier schon gar nicht mehr als (ver-) störend wahrnehmen, aber einen Touristen vermutlich erst einmal verwirren.



1.       Take your car. Egal, wie kurz der Weg ist, nimm das Auto – ja, das entspricht voll dem Klischee. Wer nicht mit dem Schulbus zur Schule kommt, wird von den Eltern gefahren (entsprechend hoch ist gegen halb neun auch immer das Verkehrsaufkommen vor der Schule). Neben meinem Fahrrad stand während des gesamten Sommers höchstens ein weiteres Schülerrad. Kein Vergleich mit den deutschen Schulhöfen, die von Rädern vollgepflastert sind (zumindest das Provinzgymnasium meiner Schulzeit).

2.       Drive-In. Passend zu Punkt 1. Neben der diversen Fastfoodketten, bei denen man fast überall im Durchfahren bestellen kann, gibt zum Beispiel auch Moka. Hier bekommt man Kaffeeprodukte aller Art ohne das Auto verlassen zu müssen. Der Shop selbst ist so groß wie zwei Litfaßsäulen – aber vermutlich ist außer einer Kasse, Kaffeemaschine(n) und einem Menschlein, das beides bedient, nicht viel drin. Außerdem kann man in den USA auch Post einwerfen oder Geld abheben ohne sein Fahrzeug verlassen zu müssen.

3.       If you ride your bike, change before work. In Arbeitsklamotten (dem Dresscode entsprechend natürlich, also Stoffhose oder Rock und schickeres Oberteil) auf Arbeit zu radeln – wenn man denn radelt, aber das kommt in Rochester schon häufiger vor – ist undenkbar. Wenn immer ich das tue, heißt es „This is sooo European!“ Jaja, wir Europäer haben manchmal schon seltsame Ideen … Wären 100 Meter Höhenunterschied auf 1000 Meter zu bewältigen, würde ich vermutlich auch in Sportklamotten radeln und dann vorm Unterricht duschen. Aber zehn Minuten Radweg immer schön am Fluss lang – wo ist das Problem? Naja.

4.       Deo Sticks instead of Roll-Ons. Ich kaufe Deoroller immer in Deutschland auf Vorrat (Memo an mich: jetzt einen größerer Vorrat mitbringen!). Ich mag diese Deosticks nicht, die es hier stattdessen gibt. Es muss schon einen Grund haben, dass deren Einführung auf dem deutschen Drogeriemarkt scheiterte und sie nur ein absolutes Nischendasein führen.

5.       Peanut Butter Obsession. Wir Deutschen haben Nutella (und das war sehr beliebt bei meinem Geburtstagsbrunch!), die US-Amerikaner haben Erdnussbutter. Jedes Kind wächst mit PBJ sandwiches (peanut butter and jelly) auf, es sei denn, es hat eine Erdnussallergie. Die haben hierzulande deutlich mehr meiner Schüler als in Deutschland. Hmmm.

6.       Pedicure. Fußpflege und lackierte Zehnägel. Aus Gründen, die mir vollkommen unbekannt sind, hat hier die Mehrheit der weiblichen Bevölkerung lackierte Zehnägel. Vermutlich bin ich auch dafür zu pragmatisch. Oh, Gleiches gilt für

7.       Flat Iron. Lange Haare und Seitenscheitel scheint ganz allgemein und international das Styling für Tweens (weiblich, zwischen Pubertät und Ende 20) zu sein. Aber das Glätteisen und ich werden einfach keine Freunde mehr, es fehlt mir dabei eindeutig an Geduld, Übung und Talent. Außerdem mag ich meine Naturwellen.

8.       Turn right at red lights. An allen Ampeln der USA (man braucht übrigens einen Tag, um sich daran zu gewöhnen, dass diese auf der anderen Straßenseite stehen) darf man bei rot rechts abbiegen. Auch ganz ohne grünen Pfeil. Es sei denn, es gibt ein weiteres Schild, das dies untersagt. Kaum ein Verkehrsschild kommt übrigens ohne zusätzliche Worterklärung.

9.       Hunting and Fishing. Jagen und Angeln ist für viele das liebste Hobby, gerade in Minnesota. Und es ist keinesfalls begrenzt auf Herren mittleren Alters und aufwärts. Viele meiner Schüler (12-14 Jahre alt) gehen gerne mit ihren (Groß-) Eltern jagen oder eben fischen. Mir wurde schon stolz ein Foto unter die Nase gehalten, das einen Schüler neben seiner etwa genauso großen Angelbeute zeigte.
Als ich neulich in meiner Siebten erwähnte, auf dem Land aufgewachsen zu sein, hieß es, ich sei dann doch bestimmt schon einmal jagen gewesen. Nein, antwortete ich wahrheitsgemäß, das einzige, was ich jemals geschossen habe, seien Dosen gewesen. Stimmt so auch. Von den unterschiedlichen Regularien wie Jagd- oder Anglerschein in Deutschland vs „permit“ in den USA wollte ich erst gar nicht anfangen.

10.   „Excuse me“. Vielleicht ist es nur eine Nebenform des sprichwörtlichen „Minnesota Nice“. Doch auffallend ist: Sobald sich der Abstand zwischen dir und einem Fremden auf ca. 30cm (foot long) oder weniger verkleinern könnte(!), entschuldigt man sich prophylaktisch dafür. Vor allem im Supermarkt, aber auch überall sonst, wo viele Menschen sind. Ich bekomme manchmal fast schon ein schlechtes Gewissen, wenn ich mit nicht entschuldige und merke im Gegenzug, dass ich mich in Deutschland wahrscheinlich überdurchschnittlich häufig entschuldigen werden, wenn ich irgendwo vorbei will.

11.   „Hello! How are you doing?“ ist eine weitere häufig genutzte Floskel. Den Supermarktkassierer interessiert es höchstwahrscheinlich nicht die Bohne, wie es einem geht. Daher nicht ehrlich antworten (oder doch und dann mal schauen, was passiert), sondern lächeln, aus folgenden positiven Antworten auswählen und (optional) die Frage erwidern: „I am okay/good/fine. How are you?“

12.   A country of extreme opposites. Ein Land der Gegensätze. Obdachlose schlafen auf Parkbänken (in Houston allgegenwärtig, in Rochester klimabedingt eher selten, aber existent) – funkelnde, mit Marmor und Gold verputzte Eingangshallen. Protzige, polierte SUV – vom TÜV aussortierte Rostlauben. Übergewichte Fastfood-Junkies – Gesundheits- und Fitnessfanatiker.


Und Alex und ich sind irgendwo dazwischen. Hab ich noch etwas vergessen?




Gleich gibt es das Achtelfinale – auch wenn sich glücklicherweise USA und Deutschland aus der Gruppe G qualifiziert haben, schaue ich das Spiel auf dem kleinen Bildschirm bei einer Freundin und nicht im Pub (das zum letzten Gruppenspiel gerammelt voll war!). Diesmal mit Deutschlandtrikot. :)



Sorry, ich hatte heute leider keine Fotos für euch.

Mittwoch, 25. Juni 2014

Football fever



Wenn ich in der Überschrift von football schreibe, meine ich damit natürlich europäischen Fußball und nicht American football. Aber das muss ich europäischen Lesern ja nicht erklären, dass es hier nur um soccer geht.


Da sind sie auch schon rum, die ersten zwei Wochen Fifa World Cup in Brasilien. Nur wenige Spiele werden vom für uns empfangbaren Sender ABC übertragen, die große Mehrheit läuft auf ESPN1 und 2. Beides sind Kabelsender und Kabel … haben wir nicht. Daher schauen wir entweder bei Freunden oder in Sportsbar/Pub. Da Rochester für seine Größe relativ international ist, war ich schon beim Eröffnungsspiel überrascht, wie pickepackevoll es im Dooley‘s nachmittags war. Zum ersten Spiel der USA hat sogar einer der Lokalsender von dort berichtet und da war es ebenfalls pickepackevoll. Eigentlich verwunderlich, denn eigentlich ist Fußball höchstens auf Platz 5 der beliebtesten Sportarten nach American Football, Baseball, Basketball und Eishockey.

Football vs Soccer hier in einem Video mit Jason Sudeikis: „It’s football. Just not as we know it.“ 



Kurzum, wir sind ein bisschen überrascht, wir fußballverrückt die USA zurzeit zu sein scheinen, auch wenn die Regeln vielleicht gar nicht so bekannt sind (ich musste Matt beim GER-POR-Spiel erst einmal erklären, dass normalerweise 11 Spieler auf dem Feld sind). Andererseits erkennen wir aber auch bei uns selbst, dass wir ein bisschen begeisterter sind als wir es in Deutschland wären.

Ein alter Schulfreund von mir, der den Großteil seiner Studienzeit im Ausland verbracht hat, meinte schon vor zwei Jahren zu mir, dass er erst in England zum Fußballfan geworden sei (was komme ich auch auf die dumme Idee, meinen 30. Geburtstag parallel zu einem EM-Spiel der deutschen Nationalmannschaft grillend begehen zu wollen – mit dem Fernseher im Haus).  Während ich bei uns beiden schon immer mehr Ahnung von und Interesse am Fußball hatte als Alex, scheint er nun aber auch vom Fußballfieber befallen zu sein. Er feuert sogar nichtdeutsche Mannschaften an (Belgien im Spiel gegen Russland)! Ich bin verwundert ...
 
Und ich besitze zum ersten Mal in meinem Leben ein Deutschland-Trikot. In Deutschland hätte ich es mir nicht gekauft. Hier war es a) ein Schnäppchen bei amazon, b) mögliche Kleidung für Sport-Thementage im nächsten Schuljahr und c) der Gedanke, sich im Pub durchaus erkennen zu geben.



Und nun also am morgigen Donnerstag das letzte Gruppenspiel Deutschland vs. USA. Ein Unentschieden würde reichen (und Ghana sowie Portugal Schiebung rufen), damit beide ins Achtelfinale kommen. Bei einem (knappen) Sieg wären evtl. auch noch beide weiter, wenn Ghana-Portugal ähnlich knapp gewonnen oder nur Unentschieden gespielt wird.

Aber solche Gedankenspiele sind bei dieser WM irgendwie nutzlos, weil alles möglich zu sein scheint. Griechenland und Belgien im Achtelfinale, aber Spanien, Italien, England nicht? Was ist denn da los?

Wo meine Sympathien stehen, sollte eigentlich klar sein:





Und das Internet hält auch einige nette Bildchen bereit, die aber bis morgen mit Sicherheit keine große Beachtung finden …

Fotomontage, Autor unbekannt. Erstmals im Netz zur EM 2012.
Eine Weltmeisterschaft der Überraschungen ist es bislang. Unser europäischer Freundeskreis bleibt dran – Kiki und insbesondere Christos waren gestern ekstatisch über den späten rettenden Sieg Griechenlands. Ich verkneife mir Kommentare zur „gelungenen Inklusion sehbehinderter Schiedsrichter“ (Dieter Nuhr) und der angeblich rein klimatisch bedingten Überlegenheit der mittel- und südamerikanischen Teams.

Erst einmal das morgige Ergebnis für Gruppe G abwarten. Wir fiebern mit!



Das Deutschlandtrikot werde ich entgegen zuvor gemachter Aussagen doch nicht zum Spiel Deutschland – USA tragen. Ich möchte nicht auf möglicherweise frustrierte US-Fans treffen …

Sonntag, 1. Juni 2014

Spring or summer?

Während ich diese Zeilen hier schreibe, geht draußen gerade ein herrliches Sommergewitter nieder. Kein Wunder bei der Wetterlage der letzten Woche: 25-30°C, blauer Himmel, Sonnenschein und steigende Luftfeuchtigkeit. Die ersten Niederschläge kamen über Nacht und das ist jetzt gerade wohl der zweite Streich.

Nach Memorial Day (letzter Montag im Mai) beginnt offiziell die Sommersaison. Und das Wetter hat das super abgepasst. Ganz schnell habe ich meine Strickjacken in die Kiste unterm Bett verstaut und die zuvor darin befindlichen Sommertops rausgeholt. Zuvor hatte uns das Maiwetter eher zögern lassen. Aber nun ist war es warm genug, dass sich selbst Alex in kurzer Hose und T-Shirt nach draußen wagte ...


In die Sonne hätte er sich nicht gesetzt ...
Aber außer dem kalendarischen Sommerbeginn am Memorial Day (im Mittleren Westen bepflanzen nur Optimisten ihren Garten wesentlich früher), gab es in den vergangenen Maiwochen noch einige andere untrügliche Zeichen dafür, dass nun Sommer ist - oder Spätfrühling.

Plötzlich - jedenfalls kam es uns nach dem Aufenthalt an der north shore so vor. - blühten alle Pflanzen, Sträucher und Bäume nur so um die Wette ...



Ich fahre inzwischen meistens mit dem Rad zur Schule, muss auf der Route am Silver Lake und Zumbro River entlang derzeit aber besonders vorsichtig sein: Gänseeltern! Wehe, man kommt ihren Jungen auch nur ein ganz kleines bisschen zu nahe - sofort wird man angefaucht. Da hilft nur, möglichst schnell auf dem Rad vorbei zu radeln ...

Ob Großfamilie ...

Alex war vor 2-3 Wochen auf dem Rückweg von der Arbeit auch am Silver Lake entlang gefahren (für ihn eigentlich ein Umweg, aber autofrei und somit stressfreier) und wunderte sich nicht wirklich über die Gänse auf dem Fuß-/Radweg, sondern über die umförmigen fluffigen gelbbraungrauen Bällchen, mit denen sich die Gänse zu umgeben schienen. Bei genauerem Hinsehen waren sie dann aber schnell als Gössel (oder von Alex liebevoll "Gänslinge" genannt) identifiziert.


... oder Einzelkind.
Die ältesten Gössel sind inzwischen schon gar nicht mehr gelbbräunlich, sondern gräulich und schon "gansförmig".

Die größte "Überraschung" für uns nach sechs Monaten (saukaltem!) Winter ist allerdings auch in diesem Jahr wieder, dass tot geglaubte Pflanzen doch wieder grün werden. Das betrifft sowohl das Gras als auch Bäume - unglaublicherweise treiben sie doch wieder aus!

Silver Lake Park
Und weil die Sommerferien ihren Namen hier wirklich verdient haben, sind es für mich nur noch wenige Tage Schule. Montag ist Picknick des 7. Jahrgang (die 8. macht Exkursion), Dienstag früh müssen die Noten endgültig stehen, Mittwoch abend auch schon ist die graduation ceremony - Abschlussfeier - der 8. Klasse. Und Donnerstag ist um 12 Uhr Schulschluss. Abgesehen von einigen Lehrerarbeitstagen im August dauern die Sommerferien dann bis zum 2. September. Ja, ein deutlicher Unterschied zu Deutschland. Aber eine Sache, die den Schülern gemein ist: Wenn die Noten feststehen, macht keiner mehr was. 

*seufz*

Kurzum: Nach dem 9. Juni hab ich wieder mehr Zeit für Postings. Ehrlich.