Samstag, 19. März 2016

"Baby Tish", part 2: parental leave vs. Elternzeit

Mittlerweile sind es (nur noch) weniger als 50 Tage bis zum voraussichtlichen Geburtstermin von Baby Tish. In Panik sind wir trotzdem noch nicht verfallen, im Gegenteil sind wir seit unserem Intensiv-Geburtsvorbereitungskurs noch entspannter als zuvor. Gute Voraussetzungen, oder?


In Deutschland hätte jetzt mit den (niedersächsischen) Osterferien mein Mutterschutz begonnen. Sechs Wochen vorher, acht Wochen nachher, voll bezahlt; anschließend Elternzeit, 1-2 Jahre, je nach Dauer zu einem Bruchteil des vorher erhaltenen Gehalts, aber mindestens 300€ (plus Kindergeld). Eltern in Deutschland kennen das, da erzähle ich nichts Neues.

Erzähle ich von den deutschen Regelungen aber meinen Kolleginnen hier, ernte ich große Augen, staunende Blicke oder auch schon mal eine Aussage wie: "Da würde ich ja sofort nach Deutschland zurückziehen."

Denn neben Papua-Neuguinea (ich dachte, es sei Ost-Timor, aber gut ...) sind die USA das einzige von 180 Ländern global ohne gesetzliche Regelung zu einem bezahlten Mutterschutz/Elternzeit bzw. "parental leave" oder "paid family leave". Und natürlich hat sich auch schon zu diesem Thema der von mir überaus geschätzte John Oliver geäußert - zeitlich passend zum Muttertag 2015: 



Unter unseren europäischen Freunden sorgt dies für regelmäßiges Kopfschütteln und die Nachfrage "Warum ist das so?". Nun, wie auch John Oliver präsentiert, wird als Argument oft der "Schutz des Arbeitgebers" zitiert - obwohl diesem nachweislich durch bezahlte Elternzeit kein Nachteil entsteht. Aber Wirtschaftslobbyismus ist dafür offensichtlich zu fest verankert ...

Auch die jetzige Regelung von bis zu zwölf unbezahlten Wochen parental leave wurde erst 1993 im Rahmen des FMLA (Family Medical Leave Act) als erster Amtsakt von Bill Clinton verabschiedet. (Mehr hier.) Das Revolutionäre daran ist tatsächlich "nur" die gebotene Jobgarantie, wenn man bis zu zwölf Wochen unbezahlte Auszeit vom Job nimmt, um sich entweder um Neugeborene oder auch pflegebedürftige Angehörige zu kümmern. Wenn man es sich leisten kann ...


Nun, was das Ganze für uns persönlich bedeutet ... Zunächst einmal haben wir festgestellt, dass der Mai ein praktischer Geburtsmonat ist. Denn Anfang Juni endet die Unterrichtszeit und ich musste nur bis zu diesem Datum (der "end of instruction period") parental leave beantragen. Das wären so etwa sechs Wochen, vorausgesetzt, ich arbeite tatsächlich bis zur Entbindung. Und das habe ich bislang vor, wenn weiterhin alles so komplikationsfrei verläuft.


Andernfalls bliebe mir nur eine offizielle Krankschreibung. Und diese "sick days" (bezahlte Abwesenheitstage wegen Krankheit), von denen ich in den letzten drei Jahren einige angesammelt habe, werden derzeit auf die Dauer meines parental leave angerechnet. Kurzum: Käme "Baby Tish"tatsächlich am errechneten Entbindungstermin, müsste ich nur sechs Tage auf Lohn verzichten, die mir vom Maigehalt abgezogen werden. Lässt "Baby Tish" sich Zeit, könnte es ggf. dazu kommen, dass ich tatsächlich keine Gehaltseinbußen habe.

Aber ja (mit Grüßen v.a. an meine Mama ...), natürlich stelle ich die Gesundheit von Baby und mir vor den ein oder anderen oder doch mehrere unbezahlte Tage ... Wenn es gar nicht mehr geht, lasse ich mich krank schreiben. Zurzeit bin ich aber noch ganz fidel und ich hoffe, das bleibt mir auch noch ein Weilchen erhalten. Meine Stunden zum 1. März reduziert zu haben, hat da sicherlich auch schon geholfen. Und meine Schüler werden (im Rahmen ihrer pubertären Möglichkeiten) auch zunehmend rücksichtsvoller, je größer Bauchi wird. Und Babysitterangebote habe ich von zwei der Mädels auch schon bekommen.

Und ich werde auch tatsächlich in den Genuss von einem (Schul-) Jahr Elternzeit kommen. Weil wir es uns leisten können? Nicht ganz bzw. nicht nur.
Weil uns nichts anderes übrig bleibt, aus aufenthaltsrechtlicher Sicht.

Wir dürfen bald nicht mehr unter unserem J-Austauschwissenschaftler-Visum in den USA sein, weil dessen Maximaldauer auf fünf Jahre begrenzt ist. Die wären im Februar 2017 erreicht. Soll heißen, Alex wird befördert, wir wechseln auf ein H1B-Visum (H wie hochqualifiziert) und ich bleibe zu Hause, weil Ehepartner unter diesem Visum so einfach keine Arbeitserlaubnis beantragen dürfen (um das Visum weniger attraktiv zu machen). Es sei denn, es wurde permanent residency (=Green Card) beantragt. Und ja, das werden wir machen, auch wenn es uns länger in den Staaten hält als wir es jemals erahnt hätten ...

Alex hatte diese Beförderung schon zweimal ausgeschlagen, weil er mich nicht zum Hausfrauendasein verdonnern wollte. Aber mit Hausfrau-und-Mutter-Dasein kann ich mich für ein Jahr abfinden. :) Denn wir sind in der glücklichen Situation, dass uns unsere beiden Arbeitgeber halten wollen. Das hat in meinem Fall noch für eine verwaltungstechnische Diskussion gesorgt, denn: Jobgarantie gibt es halt nur für maximal zwölf Wochen. Aber auch hier fand sich ein vertragliches Schlupfloch, so dass ich zum Schuljahr 2017/18 meine Stelle wieder sicher habe. Yeah!

Alles in allem haben wir damit (abgesehen vom fehlenden Eltern- und Kindergeld, auf das wir keinen Anspruch haben) eine recht deutsche Elternzeitlösung gefunden. Alex ist mit seiner "paid time off" auch recht flexibel und wird vielleicht mehr von daheim arbeiten (oder doch auf Arbeit flüchten wollen?).

Bleiben nur noch meine beiden Sorgen (an denen ich aber nichts ändern kann): Wer wird mich vertreten? Idealerweise ja nicht nur bis zum Schuljahresende, sondern gleich auch für das nächste Schuljahr hinsichtlich einer gewissen Konstanz. Meiner Siebten stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, dass ich für ihre achte Klasse leider nicht zurückkehren werde/kann/darf. Aber die Stelle ist ausgeschrieben und nach eigener Aussage hat meine Direktorin ein Ass im Ärmel. Ich darf wohl bei den Vorstellungsgesprächen dabei sein und mitreden (falls es mehrere Bewerber geben sollte) ...


Und dann ist da als zweite Mini-Sorge noch mein kleines Horrorszenario, dass ich im Unterricht einen Blasensprung habe. Vor meiner Siebten (in der Achten traue ich den Mädels eher zu einen kühlen Kopf zu bewahren). Auf den Klassenzimmerteppich. Aber auch die Sorge ist mir seit dem letzten Wochenende und durch die Hebamme schon nahezu komplett genommen.

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