Nachdem wir am vergangenen Samstag zweimal unverrichteter
Dinge wieder aus der Bank gingen, konnte ich einen Spruch der Art „zwei
Personen, zwei Meinungen“ nicht unterdrücken. Ich weiß nicht, ob ich eher
verärgert oder verwundert war. Eine Stromrechnung auf meinen Namen und die
Adresse oder mein Name auf dem Mietvertrag sollte mehr Glaubwürdigkeit besitzen
als eine Heiratsurkunde, ein gemeinsamer Nachname und zwei gültige Visa? Doch
Alex konnte nur darüber lachen: „Was meinst du, wie es mir ging, als ich im
Februar hierher kam?“
Stimmt, damals musste er deutlich mehr Ausdauer beweisen.
Schon die Wohnung hat er nur durch tatkräftige Unterstützung seines Chefs
überhaupt mieten können. Eingezogen ist er ohne Strom- oder Gasanschluss (und
damit ohne heißes Wasser) – und beides brauchte auch noch eine Weile. Online
beantragen ist auch nur möglich, wenn man einen US-Führerschein UND eine
Sozialversicherungsnummer (kurz: SSN) hat. Die SSN kann man aber erst dann
beantragen, wenn man mindestens zehn Tage in den Staaten war. Immerhin war es
dann dank Telefonat und saftiger Kaution kein Problem mehr, Strom anzumelden
und zu bekommen. So musste Alex nicht mehr im Dunkeln vor seinem auf Akku
laufenden PC sitzen mit einem leeren Kühlschrank hinter sich und unrasiert
bleiben ... Glücklicherweise ist auch das „kalte“ Leitungswasser dank hoher
Umgebungstemperatur piewarm und er konnte sich mit etwas Überredungskraft auch
hier duschen. Auch wenn Familie Auton ihm sehr entgegenkam. Und Gas gab es dann
mit SSN (und Kaution) auf deutschem Ausweis wenige Tage später auch. Doch da
wir beschlossen haben, so schnell hier nicht zu kochen, brauchen wir Warmwasser
auch nur für leidlich heiße Duschen.
Der letzte formale Akt für Alex allein war dann der Autokauf
im April. Nach langer und gründlicher Internetrecherche sollte es ein Kia
Optima, Baujahr 2004 werden. 80000 Meilen, goldfarben, helle Innenausstattung,
in Deutschland ein Klassiker in der Kategorie Rentnerfahrzeug, weil auch
äußerlich sehr gut gepflegt. Und dafür ein echtes Schnäppchen, weniger als
5000$! Warum: manuelle Schaltung, kaum jemand in den Staaten fährt damit
freiwillig. Ein eingebauter Diebstahlschutz also noch gratis obendrauf. Texas
tauscht auch – hier war ausnahmsweise sehr wenig Papierkram notwendig – den
deutschen Führerschein ein, so dass keinerlei extra Prüfungen anfielen. Den deutschen
kann Alex dann bei längerem Aufenthalt in der Heimat wieder beantragen. Was
hier so schön problemlos war, zahlte sich bei der Versicherung aber nicht aus.
Die mehr als zehn Jahre Führerschein und Fahrpraxis in Deutschland wurden hier
leider nicht anerkannt, sodass er hier als Fahranfänger eingestuft wurde.
Entsprechend hoch ist auch die Prämie …
Für mich hatten wir beschlossen, wäre es praktischer, den
deutschen Führerschein zu behalten – und sei es auch nur, um ggf. in Europa
günstiger ein Auto mieten zu können. Sofern ich abstreite, einen Führerschein
zu haben, wäre das auch kein Problem – ich muss nur wie ein Fahranfänger
Sehtest, theoretische und praktische Prüfung machen. Nachweis über Fahrstunden?
Nöö, ich muss nur nachweisen, dass ich mein eigenes Fahrzeug, mit dem ich auch
zur Prüfung antrete, beherrsche. Wie auch immer ich das gelernt habe (als
US-Teenie gibt es Fahrstunden z.B. über die High School oder als „parental
teaching“ von den Eltern), ist egal. Mit Blick auf Minnesota habe ich mal auf
die dortigen Regeln geschielt. Dort ist man nämlich etwas strenger: selbst die
Texaner, die schon seit Jahrzehnten hier Auto fahren, müssen für die
Überschreibung durch eine theoretische Prüfung. Ihr könnt euch sicherlich
vorstellen, wie groß die Freude bei Familie Auton war: „Oh my gosh, my written
test was more than 25 years ago!“ Und von einer Überschreibung des deutschen
Führerscheins natürlich erst recht keine Spur. Ich werde dort dann Fahranfänger
sein, mit 30, eine dreimonatige „learner’s permit“ zwischen schriftlicher und praktischer Prüfung
inklusive. Um das Chaos zu vervollständigen: „Gästeweise“ darf ich natürlich in
allen Staaten mit dem deutschen Führerschein fahren. Nur sind wir nach der
Abmeldung in Deutschland „non-permanent residents“ und keine Gäste mehr. Und:
Trotz sündhaft teurer Versicherung würde die im Schadensfall (mit mir hinterm
Steuer) nicht zahlen.
Ich glaube, für den kommenden Road Trip nach Minnesota
werden wir das Risiko dennoch eingehen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen