Drei Wochen in Deutschland sind
mittlerweile schon wieder vorbei – es wird allmählich auch Zeit, dass wir die
Gästecouch verlassen und wieder in die eigenen vier Wände zurückkehren. Nicht,
dass wir unserer (Schwieger-) Eltern überdrüssig wären, aber … so langsam
möchte man wieder das Gefühl haben, zuhause zu sein. Zur Mittagszeit frühstücken
oder so ähnlich. Und außerdem verspricht Rochester blauen Himmel und weißen
Boden statt den matschig-nassen Graunuancen in Deutschland. Da nehme ich auch
gerne den Temperatursturz in Kauf, freue mich sogar darauf.
In der Zeit
hier mussten wir natürlich vielen Freunden, Bekannten und Verwandten Rede und
Antwort stehen. Glücklicherweise haben teilweise auch unsere mitgebrachten
Fotos Vorurteile abbauen können – zum anderen Teil aber auch bestätigt: Die
Farm mit Windkraftrad irgendwo in Iowa sorgte für Erstaunen, die Hochhäuser von Houston Downtown
eher für Entsetzen. Zumindest unter den echten Landkindern. *grins*
Unsere ganz
persönlichen FAQ der letzten Wochen,
zwischen ehrlicher Sorge, echtem Interesse und mitunter mit einem Augenzwinkern:
„Was esst ihr da denn so?“
Fettig und
viel. Und vor allem ständig. So das Klischee. Tatsächlich hat sich an unserer Ernährung
so viel gar nicht geändert. Seit wir in Rochester sind und ich endlich wieder
eine vernünftige Küche habe, koche ich gerne (wieder). Am liebsten
Eintopfartiges, da es einfach toll ins kalte Wetter passt. Aufläufe bzw. „hot
dish“ sind auch typisch für Minnesota, ich habe meine Auflaufform aber bislang
noch nicht ausprobiert (wird mal Zeit).
Für Grundnahrungsmittel haben wir Aldi (Süd), für den Rest entweder Trader Joe’s
(Bioladen) oder HyVee.
Was wir aus
den USA übernommen haben, ist das warme Abendessen (und dann mittags nur ne Stulle). Und in unserem Gefrierfach befindet
sich auch immer ein Vorrat an Waffeln, die einfach getoastet werden und dann
zum Frühstück auf den Tisch kommen – auch wenn es meistens Toast gibt. Alex hat
Erdnussbutter für sich entdeckt, ich komme da nicht so wirklich ran. Dann
lieber die/das kanadische Nutella.
„Im Supermarkt gibt es doch alles nur in
riesigen Containern.“
Stimmt. Die
Standardmilchpackung fasst eine halbe Gallone – knapp zwei Liter. Es gibt sie,
ebenso wie Säfte, aber auch im Gallonenkanister von fast vier Litern. Tiefkühlpizzen
habe ich noch nicht gekauft, die sind (zumindest vom Karton her) aber auch
deutlich größer als die deutschen – eine ganze würde ich wahrscheinlich nicht alleine
schaffen. Eier werden meist im Dutzend verkauft. Käse und Aufschnitt ist von
der Packungsgröße her vergleichbar mit Deutschland, zumindest in der Qualität,
wie wir es kaufen. Und das ist mindestens bei Eiern, Milch und Kartoffeln organic, also Bio. Jetzt im Winter
findet der Wochenmarkt (farmer’s market) nicht so regelmäßig statt, aber
langfristig werden auch wir regionale Ware bevorzugen. Auch wenn es etwas
teurer ist als der Billigfraß.
Vor
Weihnachten habe ich einmal gezielt auf die Preise geachtet. 6 Bioeier kosten umgerechnet
etwa 2,50€, 12 Standardeier aus (in den USA nicht verbotener) Käfighaltung 80
Cent. Da möchte man die letzteren auch gar nicht guten Gewissens kaufen. Die
armen Hühner! (Auch wenn sie mir sonst
nicht sonderlich sympathisch sind und ich gerne Hühnchenbrust esse.)
„Ihr habt doch bestimmt ein richtig fettes
Auto!“
Fotos sagen
mehr als Worte, oder?
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Honda! TÜV? |
Und nein,
das ist nicht unser Auto! So aber können
sie aussehen, vor allem, wenn ihre Besitzer regelmäßig bei Walmart einkaufen
(warum das kein Qualitätsmerkmal ist, beantwortet der Surftipp www.peopleofwalmart.com): Klebeband hält
die Kofferraumklappe und sowieso das gesamte Heck fest, Rostschäden sind
offensichtlich und hinten links – leider nicht im Bild – war ein deutlich
kleineres Ersatzrad montiert
Unser Auto sieht deutlich besser aus!
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Kia. Noch in Houston. |
Verglichen
mit dem Twingo, den wir vorher hatten, ist alles groß. In Deutschland wäre
unser Auto ein Rentnerfahrzeug der Mittelklasse – hier in den USA ist es unter(st)e
Mittelklasse, vor allem in der Größe und farblich natürlich auch hier ein
Rentnerfahrzeug. Kurzum: ein goldener KIA Optima, Baujahr 2004 mit
Diebstahlsicherung (= manuelle Schaltung). Der Kauf eines SUV ist nicht in
Planung. Dafür haben wir auch schon zu viel in den Kia investiert, kurz nach
dem unproblematischen Trip nach Norden gab der Kurbelwellensensor seinen Geist
auf.
So ganz nebenbei: US highway fahren ist extrem entspannt. Das erste Mal deutsche Kampfautobahn war ein echter Schock!
„Habt ihr euch schon eine Waffe gekauft?“
Nein. Wird
auch nicht so schnell passieren. Wenn wikipedia mich richtig informiert hat,
bräuchten wir für einen Kauf im Einzelhandel zumindest eine Green Card. Und die
ist ebenso wenig in Planung wie ein Privatankauf, obwohl Jagen in Minnesota ein
Hobby von vielen ist.
„Wie sind die Leute da so?“
Ebenso verschieden
wie in Deutschland. „Der Amerikaner“ ballert nicht die ganze Zeit vom Steuer
seines Ford V8 Pickups rum. Wobei es solche Leute bestimmt gibt. „Minnesota
nice“ ist eine feste Redewendung, die ganz gut eine grundsätzliche
Freundlichkeit nach dem aus Skandinavien überlieferten Prinzip „Glaube nicht,
dass du besser bist als andere.“ beschreibt. Bislang haben wir noch nicht die Gelegenheit
bekommen, bei anderen als Autons hinter die Fassade zu schauen. Aber das wird
bestimmt noch. Nach meinem ersten Eindruck entstehen Kontakte hier in erster
Linie über Kinder oder die Kirche. Und wir tun uns noch ein wenig schwer damit,
uns dort aktiv irgendwo anzuschließen. Statt „Ich drück dir die Daumen!“ heißt
es hier „I pray for you!“ – das wirkt auch nach einigen Monaten immer noch
befremdlich.
Ach ja: Das
ist übrigens der deutsch gestaltete Weihnachtsbaum im Flughafen Dallas-Fort Worth
gewesen. Soviel zum Thema „typisch für …“
PS: Den
Großteil dieses Posts habe ich auf dem Flughafen Amsterdam-Schiphol während
unserer Umsteigezeit geschrieben. Heute abend (nach US central time) sollten wir
dann wieder zurück in Minnesota sein. Mal schauen, ob der immigration officer
wieder so verpennt ist wie beim letzten Mal!