Freitag, 11. Januar 2013

Life in comparison



Drei Wochen in Deutschland sind mittlerweile schon wieder vorbei – es wird allmählich auch Zeit, dass wir die Gästecouch verlassen und wieder in die eigenen vier Wände zurückkehren. Nicht, dass wir unserer (Schwieger-) Eltern überdrüssig wären, aber … so langsam möchte man wieder das Gefühl haben, zuhause zu sein. Zur Mittagszeit frühstücken oder so ähnlich. Und außerdem verspricht Rochester blauen Himmel und weißen Boden statt den matschig-nassen Graunuancen in Deutschland. Da nehme ich auch gerne den Temperatursturz in Kauf, freue mich sogar darauf.

In der Zeit hier mussten wir natürlich vielen Freunden, Bekannten und Verwandten Rede und Antwort stehen. Glücklicherweise haben teilweise auch unsere mitgebrachten Fotos Vorurteile abbauen können – zum anderen Teil aber auch bestätigt: Die Farm mit Windkraftrad irgendwo in Iowa sorgte für  Erstaunen, die Hochhäuser von Houston Downtown eher für Entsetzen. Zumindest unter den echten Landkindern. *grins*



Unsere ganz persönlichen FAQ der letzten Wochen, zwischen ehrlicher Sorge, echtem Interesse und mitunter mit einem Augenzwinkern:



„Was esst ihr da denn so?“

Fettig und viel. Und vor allem ständig. So das Klischee. Tatsächlich hat sich an unserer Ernährung so viel gar nicht geändert. Seit wir in Rochester sind und ich endlich wieder eine vernünftige Küche habe, koche ich gerne (wieder). Am liebsten Eintopfartiges, da es einfach toll ins kalte Wetter passt. Aufläufe bzw. „hot dish“ sind auch typisch für Minnesota, ich habe meine Auflaufform aber bislang noch nicht ausprobiert (wird mal Zeit). Für Grundnahrungsmittel haben wir Aldi (Süd), für den Rest entweder Trader Joe’s (Bioladen) oder HyVee.

Was wir aus den USA übernommen haben, ist das warme Abendessen (und dann mittags nur ne Stulle). Und in unserem Gefrierfach befindet sich auch immer ein Vorrat an Waffeln, die einfach getoastet werden und dann zum Frühstück auf den Tisch kommen – auch wenn es meistens Toast gibt. Alex hat Erdnussbutter für sich entdeckt, ich komme da nicht so wirklich ran. Dann lieber die/das kanadische Nutella.



„Im Supermarkt gibt es doch alles nur in riesigen Containern.“

Stimmt. Die Standardmilchpackung fasst eine halbe Gallone – knapp zwei Liter. Es gibt sie, ebenso wie Säfte, aber auch im Gallonenkanister von fast vier Litern. Tiefkühlpizzen habe ich noch nicht gekauft, die sind (zumindest vom Karton her) aber auch deutlich größer als die deutschen – eine ganze würde ich wahrscheinlich nicht alleine schaffen. Eier werden meist im Dutzend verkauft. Käse und Aufschnitt ist von der Packungsgröße her vergleichbar mit Deutschland, zumindest in der Qualität, wie wir es kaufen. Und das ist mindestens bei Eiern, Milch und Kartoffeln organic, also Bio. Jetzt im Winter findet der Wochenmarkt (farmer’s market) nicht so regelmäßig statt, aber langfristig werden auch wir regionale Ware bevorzugen. Auch wenn es etwas teurer ist als der Billigfraß.

Vor Weihnachten habe ich einmal gezielt auf die Preise geachtet. 6 Bioeier kosten umgerechnet etwa 2,50€, 12 Standardeier aus (in den USA nicht verbotener) Käfighaltung 80 Cent. Da möchte man die letzteren auch gar nicht guten Gewissens kaufen. Die armen Hühner! (Auch wenn sie mir sonst nicht sonderlich sympathisch sind und ich gerne Hühnchenbrust esse.)



„Ihr habt doch bestimmt ein richtig fettes Auto!“

Fotos sagen mehr als Worte, oder?


Honda! TÜV?

Und nein, das ist nicht unser Auto!  So aber können sie aussehen, vor allem, wenn ihre Besitzer regelmäßig bei Walmart einkaufen (warum das kein Qualitätsmerkmal ist, beantwortet der Surftipp www.peopleofwalmart.com): Klebeband hält die Kofferraumklappe und sowieso das gesamte Heck fest, Rostschäden sind offensichtlich und hinten links – leider nicht im Bild – war ein deutlich kleineres Ersatzrad montiert
Unser Auto sieht deutlich besser aus!


Kia. Noch in Houston.

Verglichen mit dem Twingo, den wir vorher hatten, ist alles groß. In Deutschland wäre unser Auto ein Rentnerfahrzeug der Mittelklasse – hier in den USA ist es unter(st)e Mittelklasse, vor allem in der Größe und farblich natürlich auch hier ein Rentnerfahrzeug. Kurzum: ein goldener KIA Optima, Baujahr 2004 mit Diebstahlsicherung (= manuelle Schaltung). Der Kauf eines SUV ist nicht in Planung. Dafür haben wir auch schon zu viel in den Kia investiert, kurz nach dem unproblematischen Trip nach Norden gab der Kurbelwellensensor seinen Geist auf.

So ganz nebenbei: US highway fahren ist extrem entspannt. Das erste Mal deutsche Kampfautobahn war ein echter Schock!



„Habt ihr euch schon eine Waffe gekauft?“

Nein. Wird auch nicht so schnell passieren. Wenn wikipedia mich richtig informiert hat, bräuchten wir für einen Kauf im Einzelhandel zumindest eine Green Card. Und die ist ebenso wenig in Planung wie ein Privatankauf, obwohl Jagen in Minnesota ein Hobby von vielen ist.



„Wie sind die Leute da so?“

Ebenso verschieden wie in Deutschland. „Der Amerikaner“ ballert nicht die ganze Zeit vom Steuer seines Ford V8 Pickups rum. Wobei es solche Leute bestimmt gibt. „Minnesota nice“ ist eine feste Redewendung, die ganz gut eine grundsätzliche Freundlichkeit nach dem aus Skandinavien überlieferten Prinzip „Glaube nicht, dass du besser bist als andere.“ beschreibt. Bislang haben wir noch nicht die Gelegenheit bekommen, bei anderen als Autons hinter die Fassade zu schauen. Aber das wird bestimmt noch. Nach meinem ersten Eindruck entstehen Kontakte hier in erster Linie über Kinder oder die Kirche. Und wir tun uns noch ein wenig schwer damit, uns dort aktiv irgendwo anzuschließen. Statt „Ich drück dir die Daumen!“ heißt es hier „I pray for you!“ – das wirkt auch nach einigen Monaten immer noch befremdlich.



Ach ja: Das ist übrigens der deutsch gestaltete Weihnachtsbaum im Flughafen Dallas-Fort Worth gewesen. Soviel zum Thema „typisch für …“



 

PS: Den Großteil dieses Posts habe ich auf dem Flughafen Amsterdam-Schiphol während unserer Umsteigezeit geschrieben. Heute abend (nach US central time) sollten wir dann wieder zurück in Minnesota sein. Mal schauen, ob der immigration officer wieder so verpennt ist wie beim letzten Mal!

2 Kommentare:

  1. Haha, der deutsche Weihnachtsbaum ist ja mal sowas von cool xD
    Bei „Minnesota nice“ muss ich irgendwie an Marshall aus "How I met your mother" denken. Das passt total :)

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    1. Nachtrag: Hah! Ich hab sogar die Gurke gefunden :)

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