Mittwoch, 19. September 2012

Going to the doctor …



Ich gehöre eigentlich ja nicht zu den Leuten, die schnell zum Arzt rennen, sondern habe da eher die Arzt-nur-im-Notfall-Einstellung meines Vaters geerbt. Nun ja, wahrscheinlich gepaart mit der Vernunft meiner Mutter, dass zu einem Notfall auch Vorsicht kommen kann. Nachdem einer dieser intensiven Houston-Schauer  mich Mitte der letzten Woche bis auf die Knochen durchnässt hatte (und dann auch noch auf Besichtigungstour weit weg von daheim), habe ich schon befürchtet mir eine Erkältung eingefangen zu haben. Und die beginnt bei mir sehr häufig im Hals, sodass ich Samstag schon mit kratzenden Hals und wärmenden Halstuch zum Unterricht gegangen bin. Aber nichts wanderte. Stattdessen konnte ich Sonntag zunehmend schlechter schlucken und abends dann die Selbstdiagnose stellen: Angina! (Oder akute Mandelentzündung, was euch lieber ist. Sorry, ich erspare euch ab sofort weitere Details. Seht selbst ...



Es ist nicht wirklich normal, unter einer Kuscheldecke im September in einem Apartment in Houston zu sitzen – Fieber zur besten Zeit waren 38.8°C. Montag ging Alex dann wieder auf Arbeit – Sonntag hatte er mich noch umfangreich bepuddelt. Die Mandeln wuchsen Montag weiter an, so auch meine Schluckschmerzen und der Wunsch nach DROGEN statt Hausmitteln wie sauteurem Salbeitee! Nachdem wir überhaupt keine Ahnung hatten, wie das mit dem Arztbesuch hier so abläuft, macht offenbar Versuch kluch – und über unseren Medicare-Provider, Alex‘ Arbeitgeber, kostete es einen Klick und dann einen Anruf zum ersehnten Arzttermin bei der „Emergency Primary Care“.

Ein bisschen was habe ich von Steph ja auch schon mitbekommen, die als gelernte Krankenschwester unsere Spezialistin ist. Der deutsche Allgemeinmediziner heißt hier PCP (Primary Care Physician) und jeder sollte einen haben – nur wenn das nicht der Fall ist oder der PCP nicht verfügbar ist, ist die Emergency Primary Care zuständig. Termin war um 14:00, wir sollten jedoch für den Papierkram etwa 15 Minuten vorher da sein. Dann glich das Procedere sehr dem, was man auch aus Deutschland kennt: Praxisgebühr (hier 15$ „copay“) inklusive! Der umfangreiche Anamnesefragebogen (6 Seiten) war natürlich eine Herausforderung – hätte ich doch meinen Allergiepass und die Dauermedikation lieber schon im Voraus mal ins Englische übersetzt bzw. übersetzen lassen! Immerhin lautete meine Selbstdiagnose nicht auf „inflamed almonds“, sondern auf „inflamed tonsils“.

Eine Schwester/Arzthelferin nahm dann diesen ganzen Fragebogen (zumindest teilweise) noch einmal mündlich ab, Blutdruckmessung inklusive (und eine mobbende Waage bei der Gewichtsermittlung – sogar die Schwester hatte mich deutlich leichter geschätzt) und wir warteten auf den PCP. Wie sich herausstellen sollte, ein Inder und gerade bei dessen Dialekt muss ich immer an Raj von der Big Bang Theory denken. Nun gut, irgendwie konnten wir uns verständigen. Bevor meine Mandeln endlich Beachtung fanden, nahm er mündlich noch die zweite Hälfte des Anamnesebogens ab und noch einige schmutzige Details mehr. Dann endlich: „Why are you here today?“ – „My throat is swollen and swallowing hurts like hell: My tonsils are inflamed.“ – “You saw them?” – “Yes.” Anschließend Abklopfen aller Umgebungsfaktoren: Schnupfen? Husten? Ohrenschmerzen? (alles nein) Veränderung der Stimme? (Blick zu Alex, der die ganze Zeit mit mir gewartet hatte: Ein wenig.) Schnarchen? (Gerade leider ja.)
Dann endlich näherte sich der Arzt, der die ganze Zeit hinterm Computer stand, mir auf weniger als drei Meter und horchte die Lunge ab, schaute ins Ohr und dann endlich auch in den Mund. Und weil ihm da schon deutlich etwas entgegen leuchtete, war meine Diagnose wohl so falsch nicht. Die Schwester würde gleich kommen und mich testen (auf Streptokokken). Wenige Minuten später war sie dann auch da und wollte mit einem verlängerten Wattestäbchen eine Probe aus meinem Rachen nehmen. Nachdem ich ihr anfangs immer entweichen wollte („Stay here!“), hat sie dann doch noch ihre Proben bekommen – und bei mir einen Würgereiz ausgelöst.

Weil der Test negativ war, bekam ich ein Breitbandantibiotikum verschrieben – weil ich gesagt habe, dass ich darauf auch schon mit Nebenwirkungen (Magen-Darm …) reagiert habe, aber nur in der Kinderdosis. Außerdem bekam ich noch ein Nasenspray – und frage mich immer noch, wann ich gesagt habe, dass mir die Nase Probleme macht … Außerdem noch ein Info-Blatt „Was tun bei tonsillitis (Mandelentzündung)?“ Ich bin mir gerade noch nicht sicher, ob ich wirklich einmal stündlich mit Salzwasser gurgeln will … Gesamtkosten bis hier: 15$. Gesamtzeit 90 Minuten. Deutschland nicht unähnlich. Abgesehen von der Gestaltung des Wartezimmers, auch mit Kinderspielecke, aber statt Zeitschriften ein Fernseher …

Die Verschreibung war zu diesem Zeitpunkt bereits zu CVS geschickt worden, die unserer Wohnung am nächsten liegenden pharmacy (2min mit dem Auto). Hier ist ja viel mehr frei verkäuflich als in Deutschland, Drogerie und Apotheke geht nahtlos ineinander über. Alex hatte mir schon Montagabend Ibuprofen (200) mitgebracht, 80 Tabletten zu 7$ … Nun also aber mit Ausdruck der Verschreibung zum Pick-Up-Counter – noch war nichts fertig. Eine halbe Stunde später: das Nasenspray konnte mitgenommen werden. Das Antibiotikum nicht: „Die Dosierung 775 gibt es gar nicht, jetzt warten wir auf den Rückruf, wie hoch sie sein soll.“ Abends war Alex dann noch einmal los und endlich hielt ich die 10 sehnsüchtigen erwarteten Stück Drogen in der Hand … Kostenpunkt für das Antibiotikum 12$ (10 Tabletten) – das Nasenspray 63$! Das muss echt verdammt gutes Zeug sein …

Worin sich Deutschland und die USA ebenfalls nichts nehmen: Kapselgröße passt nicht zu Schluckschmerzen.



Aber sie wirkt. Der Hals ist von außen weniger druckempfindlich, die nächste heute abend sorgt hoffentlich für das gleiche von innen ... Hoffentlich Ende gut, alles gut ...

2 Kommentare:

  1. Ohje, dann mal gute Besserung! Lass dich gut pflegen :-)
    Der Preis für das Nasenspray ist echt der Hammer... Vor allem so ganz ohne Schnupfen ;-)

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  2. Symptom lautet "postnasal drip" - aber ob ich das bejaht habe oder der nette Inder sich das gedacht hat - keine Ahnung!

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