Sonntag, 9. September 2012

Lost in translation



Zunächst einmal die gute Nachricht: Houston wurde frontal von einer Kaltfront getroffen! So angenehm haben wir das Wetter hier noch nie erlebt – strahlend blauer Himmel,  Temperaturen deutlich unter 30°C und eine Luftfeuchtigkeit von nur 60%. Es fühlt sich an wie europäischer Sommer und meinetwegen könnte es den ganzen Rest des hiesigen "Herbstes" so bleiben. Heute Nacht blieb die Klimaanlage aus, stattdessen schliefen wir mit offenem Fenster. Und daran hat sich auch bis jetzt (10.30 Uhr Ortszeit) nichts geändert. Ich genieße die lauen Brisen, die gerade durch das geöffnete Fenster in die Wohnung dringen. (Beim Einstellen des Posts ist es zwei Stunden später und dank Sonneneinstrahlung muss die A/C wieder laufen. Das ändert aber nichts an dieser Sonntagsidylle - inklusive eines vollen Parkplatzes, braven Kirchgängern sei Dank.)




Außerdem haben wir gerade Besuch aus Deutschland (gehabt) – die beiden sind heute und morgen aber in San Antonio und waren gestern vormittag mit Alex in der Stadt unterwegs, während ich nun schon zum dritten Mal an der Samstagsschule unterrichtet habe. Deutsch als Fremdsprache, falls es jemand noch nicht wusste. Neben meinen zehn 8- bis 10-Jährigen am Vormittag (von neun bis dreiviertel zwölf, mit 20 Minuten Pause dazwischen) auch noch völlig überraschend eine Erwachsenengruppe mit absoluten Anfängern. Nach den ersten Rückmeldungen schlage ich mich wohl ganz gut und habe auch schon Angebote für privates „tutoring“ erhalten. Wenn ich doch nur wüsste, wie lange wir noch hier vor Ort sind … Bei der Stundenplanung und dem Schreiben des Wochenplans (den wir bis Donnerstag immer per Mail übermitteln sollen, damit wir bei spontanen Krankheiten schneller zu vertreten sind) fühle ich mich allerdings sehr an den Beginn des Referendariats oder noch mehr an die ersten Stunden im Praktikum während des Studiums erinnert: Aber ich fange ja auch gerade erst an mit der Entdeckung von Didaktik und Methodik im Fremdsprachenunterricht.

Die Kinder haben zwar überwiegend zumindest einen deutschsprachigen Elternteil (viele sind an einer der hiesigen Unis/Colleges tätig), lernen Deutsch dennoch als Fremdsprache. Sie verstehen vieles, was man sie fragt, sofort – Antworten werden meistens aber auf Englisch gegeben, ihrer „natürliche“ Umgebungssprache. Ich muss zugeben, dass ich in dieser Klasse zu viel Englisch spreche und muss mehr Deutsch von Ihnen einfordern. Aber eigentlich sind alle ganz lieb, auch wenn zwei Jungs schon ein wenig in die vorpubertäre Null-Bock-Haltung verfallen. Ich kann es Ihnen nicht verübeln: Sie gehen schon von Montag bis Freitag in die Schule und dann müssen sie es auch noch Samstag vormittags …

Herausfordernd auf eine andere Art und Weise ist aber insbesondere die Erwachsenenklasse. Die sind alle freiwillig da – nun ja, viele von ihnen haben einen deutschen oder deutschsprachigen Partner, wie ich inzwischen mitbekommen habe und wurden sicherlich „liebevoll überredet“ oder haben sich selbst dazu entschlossen auch ein wenig deren Sprache zu lernen. Begonnen haben wir mit einfachen Dialogen: „Wie ist Ihr Name?“  - „Woher kommen Sie?“  - „Wo wohnen Sie?“  einschließlich der passsenden Antworten. Die Beugung der Verben war da das erste Problem: „Oh my god“ habe ich mehr als einmal gehört. Inzwischen verzweifelt die Gruppe aber gemeinschaftlich an der deutschen Aussprache. „I was told you pronounce  e-v-e-r-y  s-i-n-g-l-e  letter in German – but I hadn’t expected it to be that bad!” Die größte Herausforderung von allen aber ist das “ch”. “How do you make that noise?” wurde ich mehr als einmal verzweifelt gefragt. Mehr als „It is like clearing your throat – but don’t spit out.“ konnte ich bislang aber nicht als Hilfestellung geben. Da brauche ich doch die Hilfe meiner fließend deutschsprachigen, aber US-amerikanischen Kollegin – und außerdem habe ich eine sehr gute britische Seite gefunden, die genau solche Laute erklärt und mit vielen Hörbeispielen arbeitet. Ich hoffe, es wird helfen …

Lost in translation bin ich vor allem dann, wenn die Erwachsenen eine wörtliche Übersetzung der Dialoge fordern. „Ja klar“ ist „of course“, nicht „yes clear“ … Hatte ich schon erwähnt: Wir lachen viel in diesen Kursen!

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