Dienstag, 9. Oktober 2012

Dressing up for dinner



Es ist jetzt Dienstagabend, kurz nach 22 Uhr Ortszeit. Eben gerade sind wir von einem Dinner wieder gekommen, von dem wir gestern noch gar nichts wussten. Ein Dankeschön von einer großen Stiftung, die im letzten Jahr jede Menge Geld für die Erforschung von Herz-Kreislauferkrankungen gesammelt hat. Ein Dankeschön an alle Spender – und natürlich auch an die Forscher. Und da kamen wir ins Spiel – naja, eigentlich nur Alex,  aber ich durfte mich erstmals als „scientist’s wife“ schmückend an seiner Seite zeigen. Klingt komisch, aber damit konnte ich leben.

Bis einschließlich heute nachmittag war ich auch ziemlich aufgeregt, womit ich denn da zu rechnen hätte. Nur der Dresscode war vorgegeben: „business / cocktail attire“. Wobei ich zuerst einmal googeln musste, um die vollständige Bedeutung dieser drei Worte komplett zu erfassen. Für Alex war es einfach: Anzug und Krawatte. Für mich – ich scannte im Gedanken meinen Kleiderschrank durch – „musste“ erst einmal noch etwas Passendes gekauft werden. Und so kam ich am Montagabend auch gleich mit einem kleinen schwarzen Schnäppchen heim … für nur 45$! (Steph war neidisch und hat mich beglückwünscht …) Gut, den heutigen Nachmittag habe ich dann mit Aufbrezelei verbracht – so gut ich es eben kann, mein Talent ist da doch eher gering ausgeprägt … Das Ergebnis:


(Ich hasse meine genetisch und von Fußball und Radfahren geformten Waden, aber der Rest war dann doch ganz ok. Und ich passte optisch vollkommen rein, viele kleine Schwarze wurden heute abend ausgeführt.)

Location des Abends war der River Oaks Country Club und ja – der erfüllt alles Klischees eines Country Clubs, wie man sie vielleicht aus dem Fernsehen kennt: stattliches Herrenhaus mit parkartigem Gelände. Tendenziell versnobt – oder exklusiv – , ein Ort, den zu betreten normalerweise ein Jahresgehalt von mehr als 200000 Dollar erfordert. Als wir den Raum betraten, sank das Durchschnittsalter merklich. Während eine Miniband mit Saxophon und Keyboard für beswingte Stimmung sorgte, füllte sich der Saal langsam mit Leuten, von denen ich niemanden kannte. Angesprochen wurden wir dennoch, „may I introduce you to …“ – Namen, die ich jetzt schon wieder vergessen habe.

Dann ging es rüber zum Dinner: mehr als 30 Tische zu jeweils 10 Personen in einem riesigen Saal, wobei wir leider nicht mit Autons an einem Tisch saßen, sondern mit anderen PostDocs platziert waren. Neben Alex nahm dann später noch ein gewisser Denis DeBakey Platz. Irgendwie kam mir der Nachname bekannt vor und am Ende des Abends wusste ich diesen dann dank Nachhilfe auch einzuordnen: Sein Vater war ein bekannter Herzchirurg, der in Houston diese Sparte erst aufgebaut hat und zu dessen Ehren auch mehrere Gebäude (-teile) von Baylor nach ihm benannt sind. (Googelt einfach mal nach Michael DeBakey, hab ich auch gemacht, echt beeindruckend.)

Während des Dinners hatte ich den idealen Platz, um Leute zu beobachten. Mehrere kluge, mitunter auch lustige Reden wurden gehalten, Personen für ihr (finanzielles) Engagement geehrt und währenddessen ein wirklich gutes Drei-Gänge-Menü serviert. Jede Menge Selbstbeweihräucherung inklusive. Da konnte ich manches zementierte Botox-Lächeln von den Society Ladies Houstons nicht mehr so ganz ernst nehmen. Ich hoffe nur, die haben nicht alle als scientist’s wifes angefangen …

So kurzfristig wie die Einladung kam, kam auch das Ende der Veranstaltung. Eben noch das Dessert (mehlfreier Schokokuchen mit Kaffeeeis und Vanillesoße) serviert bekommen, dann die Abschlussworte „Thanks for coming!“ und alle Tische leerten sich schlagartig. Die Blumendeko vom Tisch durfte man ausdrücklich mitnehmen. Das waren nur zwei gewöhnungsbedürftige Aspekte des Abends, den Alex und ich ausdrücklich unter Erfahrung verbuchen. Zumindest wissen wir jetzt, dass wir in einem solchen Rahmen durchaus bestehen können und uns auch vor namhaften Persönlichkeiten nicht blamieren. Und an Wachteln ist echt nichts dran …

Noch eine halbe Stunde bis Mitternacht Ortszeit – wir sagen dann mal gute Nacht!

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