Donnerstag, 18. Oktober 2012

Five hundred miles ...



So viel sind wir am letzten Wochenende nicht ganz gefahren, um von Houston aus immer westwärts nach San Antonio zu kommen (eine Strecke 200 Meilen). „Da solltet ihr unbedingt hin, das ist die schönste Stadt Texas‘“ sagten unsere Freunde hier – und gleiches empfahlen auch unsere Gäste, die im September dort waren. Alex bekam den Montag im Labor frei und so fuhren wir am Samstagnachmittag, nachdem ich die Erwachsenen mit Artikeln und Pluralbildung gequält hatte, los. Um genau zu sein, fuhr nur Alex, weil ich nachmittags nach dem Unterricht nicht mehr so ganz zurechnungsfähig bin. Und weil es schon halb vier war, bevor wir Houston verließen und in den Outskirts Houstons noch etwas aßen und tankten, fuhren wir direkt in den Sonnenuntergang hinein …
 
Highway Interstate 10 - zwischen Houston und San Antonio gibt es nicht viel ...

In San Antonio und Umgebung selbst haben wir dann viele deutsche Spuren entdeckt. In den 1840er Jahren sind viele deutsche Siedler nach Texas gelockt worden, so viele, dass es in San Antonio noch heute ein ganzes Stadtviertel gibt, das schon damals nur „Sauerkraut Bend“ genannt wurde, den King William District. Hier residierten schon damals die Kaufleute und Händler mit Geld. Schön ruhig ist es außerdem, so dass wir ganz neugierig durch die Alleen spazieren können und auf Spuren stoßen:

Nur noch das Fundament blieb von Guenther's Upper Mill
Relativ spontan haben wir uns dann entschieden, dass der Rückweg am späten Montagvormittag über New Braunfels führen sollte, dass vor allem für sein Wurstfest bekannt ist – der texanischen Version eines Oktoberfests, stattfindend aber erst Anfang November. Dann ist es hier auch wieder so weit abgekühlt, dass man Bier trinken kann, ohne gleich einen Alkohol+Sonnenstich zu bekommen. Viel war von der deutschen Geschichte nicht mehr zu sehen, einige Hausanschriften vielleicht noch oder eben der Name der dortigen Tageszeitung:



Auf dem Rückweg durfte ich dann auch einmal hinters Steuer (ihr erinnert euch an das Problem, dass ich mit deutschem Führerschein unversichert fahre?), da die Interstate 10, auf der wir jetzt nach Osten unterwegs waren, relativ leer ist. Vergleichbar etwa mit der B6n oder der A14 von Magdeburg nach Halle – hauptsächlich LKW, aber sonst keine Gefahr. Erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf dem Weg durchs Nirgendwo: stattliche 75mph, umgerechnet 120 km/h.

Unser Auto hat trotz seiner acht Jahre den Vorteil einer Cruise Control. Es gibt da ja eine Geschichte über den Wohnmobilfahrer, der dachte, dann würde sein Auto ganz allein fahren und deshalb nach hinten ging um sich Kaffee zu kochen, was böse endete. Die Cruise Control sorgt nur dafür, dass man seine Wunschgeschwindigkeit einstellen und dann den Fuß vom Gas nehmen kann. Das ist zunächst wirklich sehr gewöhnungsbedürftig, wenn das Auto Gas gibt ohne dass man den Fuß auf dem Pedal hat – auf Dauer möchte man es aber nicht mehr missen. Gas geben – zum Beispiel für schnelleres Überholen – kann man übrigens immer, nimmt man dann das Gas raus, übernimmt wieder die Cruise Control. Nur wenn man bremst, schaltet die sich gänzlich aus. Wäre sonst ja auch zu gefährlich, würde die wieder beschleunigen wollen.

Apropos gefährlich: Erfrischend selten (nämlich gar nicht) passiert es, dass ein Auto *ssssssssiimmmm* links mit Affenzahn überholt. Stattdessen tuckern alle mit 70 bis 80 mph gemächlich auf dem Highway nach Osten. Das ist wahrscheinlich auch der Grund für meine Verwunderung, wie hier eine Baustelle angekündigt wird. Ein oranges Schild Road Work Ahead – das war’s. Keine Hinunterregulierung der Geschwindigkeit, wie es in Deutschland der Fall wäre, auf 60km/h oder so. Nichts. Gar nichts. Auf einem mittlerweile nur noch einspurigen Highway wird die Fahrbahn neu befestigt. Das weiß ich, weil 1. unsere Fahrbahn bereits abgefräst wurde und wir ziemlich laut unterwegs sind; 2. direkt links neben uns Walzen die neue Piste befestigen und die Absperrhütchen manchmal gefährlich weit in unserer Fahrbahn stehen und 3. rechts neben uns die neue Fahrbahn schon fertig ist und deshalb ein fünf Zentimeter Absatz in der Fahrbahn ist.

Aber aus US-amerikanischer Sicht ist das alles kein Grund, die Geschwindigkeit herunter zu regeln. Ausnahmsweise scheint man hier einmal an den gesunden Menschenverstand zu appellieren – das regelt sich schon selbst. Offiziell erlaubt bleiben aber 75mph. Und während ich mich darüber noch ereifere, sind wir schon an Berlin und Schulenburg vorbei und stoppen für Tank und eine letzte Rast in Weimar. Fast sind wir versucht, Deutsch zu sprechen – doch ob uns noch jemand verstehen würde?

Remembering Weimar - statt Goethe und Schiller heute eher McD und What-A-Burger

Über San Antonio und New Braunfels verspreche ich euch noch einen gesonderten Eintrag.

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